Bewertung der neuen Entgeltordnung am Flughafen Düsseldorf

Die Landtagskandidaten stellten ihre Position vor. Frank Boss, CDU, mit Mikrofon im Bild, will sich für weniger Fluglärm stark machen. Erfolg hatte er bislang als Mitglied der Regierungspartei nicht.

Bündnis/Grüne: Entgegen allen Äußerungen im Wahlkampf, hat die neue Landesregierung und hier vor allem das von der CDU geführte Verkehrsministerium bisher nichts unternommen, um den Fluglärm auch im Bereich der Stadt Mönchengladbach, ausgehend vom Flughafen Düsseldorf, zu reduzieren. Das Gegenteil ist der Fall. Nach der neue Gebührenordnung des Flughafens Düssseldorf, werden lärmintensive Flugzeuge, die in Düsseldorf starten oder landen sowie Nachanflüge auf den Düsseldorfer Flughafen, nicht mit höheren Gebühren belastet. Dies hatten aber die Politiker der CDU auch hier vor Ort im Wahlkampf versprochen. Geschehen ist nichts. Wer möchte, kann sich mit der Gebührenordnung mal näher beschäftigen.  Wir werden uns in den nächsten Wochen mit unseren Freunden aus Kaarst treffen und das weitere gemeinsame Vorgehen in Sachen Fluglärm absprechen.

Große Ziele verkündete die neue schwarz-gelbe Regierung am 26. Juni in ihrem Koalitionsvertrag zum Thema Luftverkehr: Damit die Wirtschaft vorankommt, solle der Luftverkehrsstandort NRW gestärkt werden. Doch um die Bürger im Umfeld der zwei Großflughäfen Düsseldorf und Köln von Krach zu entlasten, sollten die Airports ihre Entgeltordnungen für Fluggesellschaften so ändern, dass diese noch mehr von Spätlandungen und vom Betrieb besonders lauter Jets abgeschreckt werden.

Fünf Monate später sieht die Bilanz mager aus: Air Berlin ist in Konkurs gegangen. Das ist nicht gut für den Standort. Und auch beim Kampf gegen den Lärm gibt es nur wenig Fortschritt – zumindest am Flughafen Düsseldorf als wichtigstem Airport des Landes. Dies zeigt die ab 1. Januar geltende neue Entgeltordnung, die der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt ist.

So hat der Flughafen den Lärmaufschlag in keiner der acht „Lärmklassen“ erhöht. Dies gilt für alle vier erfassten Zeitfenster. Nicht einmal späte Landungen ab 23 Uhr oder nach Mitternacht werden teurer.

Nur geringe Abschläge bei späten Landungen

Noch deutlicher zeigt sich der geringe Einfluss des Landes bei der Grundstruktur der Gebührenberechnung: Im Koalitionsvertrag wurde gefordert, dass der „rechtliche Rahmen für die Spreizung lärmabhängiger Start- und Landeentgelte ausgeschöpft wird“. Was dies bedeuten könnte, zeigt Frankfurt/Main als größter Flughafen Deutschlands: Dort werden Flugzeuge je nach ihrer Lärmbelastung in 15 Kategorien eingestuft – in Düsseldorf gibt es dagegen weiterhin nur acht Kategorien. „Durch diese geringe Differenzierung ist das gezielte Abschrecken lauterer Maschinen schwieriger“, sagt Christoph Lange, Vorsitzender der Initiative Bürger gegen Fluglärm. Der Flughafen meint dagegen, er habe schon jetzt eine Entgeltordnung „mit den strengsten Lärmschutzregeln überhaupt“. Dieses Argument habe man in den Gesprächen mit dem Land vorgetragen.

 

Richtig ist, dass sehr späte Landungen am Rhein gewisse Aufschläge kosten. Im Vergleich zu Frankfurt sind sie aber oft bescheiden. So muss eine Airline in Düsseldorf 771,40 Euro Zuschlag zahlen, wenn ein relativ lauter Airbus A333 (Stufe sechs von maximal acht Lärmklassen) nach 23 Uhr landet. Die hessischen Kollegen fordern dagegen einen fast doppelt so hohen Aufschlag. Etwas relativiert sich dieser Vergleich, weil Frankfurt grundsätzlich höhere Gebühren erhebt, nicht nur höhere Lärmzuschläge.

Über eine kleine Verbesserung kann die NRW-Landesregierung sich aber freuen: So wie von den Fluglärmkritikern lange gefordert, werden am Rhein Jets von Airbus ab 1. Januar besonders günstig eingestuft, wenn sie nachträglich mit einem lärmmindernden Wirbelgenerator ausgerüstet werden. Aber auch hier geht Frankfurt konsequenter vor: Dort erhalten Jets des Typs A319/A320 mit den Wirbelgeneratoren tagsüber einen Nachlass von 76,89 Euro und zwischen 22 Uhr und 23 Uhr sogar 115 Euro Rabatt – in Düsseldorf liegt der Unterschied nur bei drei Euro tagsüber und zwölf Euro zwischen 22 und 23 Uhr. „Das ist lächerlich wenig“, sagt Helmar Pless, Vizepräsident der Bundesvereinigung gegen Fluglärm, „so wird diese sinnvolle Nachrüstung ja nicht ernsthaft vorangetrieben.“

Land hat Druckmittel in der Hand

Wie geht es weiter? Mehrdad Mostofizadeh, Fraktionsvize der Grünen im Landtag, meint, der Fluglärm könne nur gesenkt werden, wenn das Land härtere Auflagen macht – die auf Freiwilligkeit beruhenden Gespräche zur Gebührenordnung würden nichts bringen.

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) ist optimistischer: Der Flughafen habe ihm zugesagt, „über eine weitere Spreizung der Entgelte in 2018“ sprechen zu wollen. Das erklärt Wüst auf Anfrage. Anfang des Jahres solle es den ersten Termin geben. Hat er ein Druckmittel? Ja, ein großes: Der Flughafen will 2018 viel höhere Kapazitäten vom Land genehmigt bekommen. Als Gegenleistung könnte Wüst auf deutlich höheren Lärmaufschlägen oder Landeverboten spätabends bestehen.

Zur neuen Entgeltordnung am Flughafen Düsseldorf erklärt Mehrdad Mostofizadeh, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Landtagsfraktion der Grünen:

„Die neue Entgeltordnung am Flughafen Düsseldorf bringt fast nichts für den Lärmschutz. Weder an der Höhe der Lärmzuschläge noch an der Spreizung der Entgelte zwischen Tag und Nacht hat sich bei der neuen Entgeltordnung etwas geändert.

Noch nicht einmal die neue Einteilung einzelner Flugzeugtypen in die Lärmklassen bringt bedeutende Fortschritte beim Lärmschutz. Zwar werden die Flugzeugtypen A345, A346, A388, B744 und MD82 in eine höhere Lärmklasse heraufgestuft, was die Lärmzuschläge für die Fluggesellschaften erhöht. Faktisch handelt es sich hierbei aber um eine Alibimaßnahme, da diese Flugzeugtypen nur selten am Düsseldorfer Flughafen starten und landen. Umgekehrt wurde die sehr häufig am Düsseldorfer Flughafen verkehrende Boeing 737-800 (B738) in eine geringere Lärmklasse eingestuft. Die damit verbundene Absenkung der Lärmzuschläge ist kontraproduktiv für den Lärmschutz.

Prinzipiell positiv ist die erstmalig eingeführte Differenzierung der Lärmzuschläge im Hinblick auf den Einbau von Wirbelgeneratoren bei Airbus-Flugzeugen der A320-Familie, die lästige Heultöne beim Landeanflug unterbinden. Die Anreize zur Nachrüstung der Flugzeuge fallen mit Entgeltunterschieden am Tage von 3 Euro pro Landung am Tage und 12 Euro zwischen 22 und 23Uhr nur sehr schwach aus. Der Unterschied des Lärmzuschlages bei A319- und A320-Flugzeugen ohne Wirbelgeneratoren gegenüber Flugzeugen mit Wirbelgeneratoren beträgt nur 7 Prozent. Am Frankfurter Flughafen werden dagegen Entgeltunterschiede bei den Flugzeugen mit und ohne Wirbelgeneratoren von 62 Prozent gemacht.

Diese neue Entgeltordnung ist allerdings auch für Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) eine Blamage. Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP wird eine Spreizung lärmabhängiger Start- und Landeentgelte zum zentralen Instrument der Fluglärmbekämpfung der Landesregierung erklärt. In seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Landtagsfraktion der Grünen hat der Minister Wüst betont, dass sein Ministerium seinen Einfluss für eine adäquate Lärmspreizung bei allen sich bietenden Gelegenheiten geltend macht.

Die wenig ambitionierte Neugestaltung der lärmabhängigen Start- und Entgelte wirft kein gutes Licht auf die Bemühungen der Landesregierung beim Fluglärmschutz. Die vollmundigen Ankündigungen im Koalitionsvertrag laufen nahezu ins Leere und die lärmgeplagten Menschen werden mit unnötigem Lärm nicht nur tagsüber sondern bis in die späten Abendstunden gestört.“

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1 Kommentar zu "Bewertung der neuen Entgeltordnung am Flughafen Düsseldorf"

  1. laszlo lebrun | 18. Dezember 2017 um 10:20 |

    „Der Flughafen meint dagegen, er habe schon jetzt eine Entgeltordnung „mit den strengsten Lärmschutzregeln überhaupt“.“

    Der Sprecher des Flughafens xxxx, ohne rot zu werden!
    Man vergleiche mit Hamburg, wo Lärmzuschläge für die gängige A320 bis 976€ gehen können, oder Tegel wo Lärmzuschläge für die gängige A320 bis 750€ gehen können.

    Kein anderer deutscher Flughafen hat eine so löchrige Bertriebsgenehmigung mit Sonderrecchte für Home-Based und Off-Block Regelungen.

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