NRW wappnet sich mit neuer Strategie gegen Folgen des Klimawandels

Umweltminister Oliver Krischer: Extremwetter werden in Zukunft häufiger auftreten; Foto: MG-Heute

Umweltminister Oliver Krischer: Extremwetter werden in Zukunft häufiger auftreten – Strategie umfasst 110 Maßnahmen.
Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr teilt mit:

Um das Land zukunftssicher für die Folgen der Klimakrise aufzustellen, hat die Landesregierung eine umfassende Klimaanpassungsstrategie beschlossen. Sie erfüllt die Vorgaben des Bundesgesetzes zur Klimaan-passung und des Klimaanpassungsgesetzes Nordrhein-Westfalen und unterstützt Kommunen, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger dabei, sich vor den Folgen des Klimawandels zu wappnen und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

„Die Klimakrise ist auch bei uns längst angekommen und hat schon jetzt gravierende Folgen für Mensch, Umwelt und Infrastruktur. Wir brauchen einen ambitionierten Klimaschutz und eine ambitionierte Vorsorgepolitik, um uns gegen die Gefährdung unserer Lebensgrundlagen zu wappnen. Diese setzen wir mit der neuen Klimaanpassungsstrategie für Nordrhein-Westfalen um“, erklärte der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Oliver Krischer.
Die Klimaanpassungsstrategie zielt darauf ab, auf die zunehmenden klimatischen Herausforderungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens zu reagieren. Sie beinhaltet 110 konkrete Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit, der Umwelt und der Infrastruktur sowie zur Erhöhung der Lebensqualität für alle Bürgerinnen und Bürger, die bis 2029 umgesetzt werden sollen. Von der Wasserwirtschaft über die Landwirtschaft und den Katastrophenschutz bis hin zur städtischen Entwicklung berücksichtigt die Strategie in 16 Handlungsfeldern die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen in Nordrhein-Westfalen. In Form eines konkreten Maßnahmenkatalogs aus den verschiedensten Zuständigkeiten der Ministerien gibt die Landesregierung Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels. „Die Klimakrise ist eine der größten ökologischen und ökonomischen Herausforderungen unserer Zeit. Nur gemeinsam werden wir es schaffen, die vereinbarten Anpassungsmaßnahmen in die Tat umzusetzen“, so Minister Krischer.
Beispielsweise stellt die Landesregierung eine Vielzahl an Aktivitäten zum Schutz vor Starkregen und Hochwasser bereit. Dabei sind große Maßnahmenbündel wie die Umsetzung des 10-Punkte-Arbeitsplans „Hochwasserschutz in Zeiten des Klimawandels“ oder der Ausbau des Risikomanagements für urbane Sturzfluten genauso enthalten wie wei-tere Maßnahmen zur Entwässerung von Straßen und Quartieren.
Mit Blick auf die extrem heißen Sommer der letzten Jahre ist das Thema Hitzeschutz ebenfalls stark vertreten. Dabei sind Arbeitshilfen zur kom-munalen Hitzeaktionsplanung ebenso wichtig wie die Förderung von Klimaanpassungsmaßnahmen in Krankenhäusern. Doch auch Maßnah-men zur Begrünung von Städten, die Förderung einer klimaangepassten Landwirtschaft, zusätzliche Mittel für das Flächenrecycling, die Entwicklung klimaanpassungsfähiger Mischwälder und Wiederbewaldung von Schadflächen, den Erhalt und die Vermehrung von Waldflächen sowie die Wiederherstellung von historischen und potenziellen Moorflächen im Dialog mit den Stakeholdern sollen durch die Strategie vorangebracht werden. Zudem soll die Finanzierung öffentlicher Trinkwasserbrunnen verbessert werden.
Auch konkrete Anpassungsmaßnahmen bei Baumaßnahmen sind vorgesehen, etwa der Schutz der Verkehrsinfrastruktur vor Hochwasser und Schwemmmaterial sowie durch den Einsatz aufgehellter Straßendeckenschichten aus Asphalt.
Im Bereich Wohnungsbau ist die Förderung von Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung im geförderten Wohnungsneubau vorgesehen.
Um die Bevölkerung sowohl über die Folgen des Klimawandels als auch über Anpassungsmöglichkeiten aufzuklären, hält die Klimaanpassungs-strategie eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich Information und Bildung vor: Die Erweiterung des Klimaatlas Nordrhein-Westfalen des LANUV soll als zentrale Datenplattform um einen Wasserhaushalts- und Dürremonitor erweitert werden und zudem Informationen über versiegelte Flächen und Brachflächen in NRW bereitstellen. Die Verbraucher-zentrale bietet mit Unterstützung des Landes eine persönliche Orientie-rungsberatung für Bürgerinnen und Bürger an. Die Entwicklung von spezifischen Bildungsmodulen für Kitas und Schulen ist ebenfalls geplant.
Mit der Verstetigung der „Kommunalberatung Klimafolgenanpassung Nordrhein-Westfalen“ beim LANUV, die bei Datenbelangen, Förderfragen oder auch Vernetzungswünschen unterstützt, wird Kommunen sei-tens des Landes eine kompetente Begleitung auf ihrem Weg zu mehr Klimaresilienz angeboten.
Auch der Katastrophenschutz soll sowohl in seiner Bedarfsplanung als auch in Form von konkreten Übungen stärker auf Extremwetter eingestellt werden. Dabei sollen grenzüberschreitende Netzwerke mit Nachbarstaaten ausgebaut werden.

Extremwetter werden häufiger auftreten
Welche weitreichenden Folgen die globale Klimaerwärmung für Nordrhein-Westfalen haben wird, zeigt eine aktuelle Publikation des Landes-amtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Der Fachbe-richt „Klimaentwicklung und Klimaprojektionen in Nordrhein-Westfalen“ beschreibt die mögliche zukünftige Entwicklung von Klimaparametern in Bezug auf Lufttemperatur, hitzebedingte Kenntage, Niederschläge und Starkregen.
„Wir beobachten und erleben immer mehr Wetterextreme, die eine Folge des Klimawandels sind. Dazu gehören zum Beispiel mehr Starkregenereignisse auf der einen und Hitze- oder Dürreperioden auf der anderen Seite. Wenn keine weiteren Anstrengungen unternommen werden, erwarten wir nach jetzigem Stand einen Anstieg auf etwa 3 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts gegenüber vorindustriel-ler Zeit“, erläuterte LANUV-Präsidentin Elke Reichert.
Bereits heute lassen sich klimatische Veränderungen beobachten. Der Vergleich von Mittelwerten der aktuellen Klimanormalperiode (KNP) 1991-2020 mit früheren KNP zeigt das deutlich. Seit der ersten Periode 1881-1910 ist die mittlere Jahreslufttemperatur um durchschnittlich 1,6 Grad Celsius gestiegen. Die heißen Tage haben sich seit 1891-1920 bis zur KNP 1991-2020 auf acht Tage verdoppelt. Die Zahl von Frost- und Eistagen hingegen hat sich verringert: auf zwölf und fünf Tage. Am Kahlen Asten sind die Schneetage seit 1955-1984 sogar um 25 Tage gesunken.
Neben den seit Aufzeichnungsbeginn gestiegenen Lufttemperaturen und den Änderungen der Niederschlagsmuster haben die heißen und trockenen Sommer, die Starkregenereignisse sowie die gemessenen Hitzerekorde seit 2014 den Klimawandel stärker ins öffentliche Bewusst-sein gebracht. Bereits heute sind in den dicht besiedelten Gebieten Nordrhein-Westfalens 6,9 Millionen Menschen von Hitzebelastung be-troffen, in Zukunft (2050) dürften es laut den Prognosen des LANUV bis zu elf Millionen Menschen werden. 2023 war außerdem das nasseste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Nordrhein-Westfalen.
„Die Klimakrise wird immer mehr zur Belastung für unsere Umwelt, für die Gesundheit unserer Mitmenschen, für die Infrastruktur und die Le-bensmittelproduktion. Ihre Auswirkungen haben wir alle in den vergan-genen Jahren im Alltag deutlich gespürt – mit unterschiedlichen Extremen. Von 2018 bis 2020 und 2022 erlebte Nordrhein-Westfalen vier Dürresommer mit Ernteausfällen, dramatischen Waldschäden und historischen Tiefständen der Gewässer, 2021 ein katastrophales Hochwasser. Wir müssen uns darauf einstellen, dass das Extreme das neue Normal wird“, sagte Minister Krischer.
Auswirkungen des Klimawandels regional unterschiedlich
Dabei sind die Auswirkungen in den verschiedenen Regionen des Lan-des durchaus unterschiedlich. Für die am dichtesten besiedelten Berei-che NRWs entlang von Rhein und Ruhr, die bereits heute zu den wärmsten Regionen Deutschlands zählen, wird sowohl der Anstieg der Durchschnittstemperaturen als auch der heißen Tage und Tropennächte eine besondere Relevanz haben. Für die Mittelgebirgsregionen spielt das Auftreten von Starkregenereignissen eine wesentliche Rolle. Hier wird die Gefahr von Sturzfluten sowie Bodenerosionen bis hin zu abrut-schenden Hängen steigen. Dagegen besteht bei längeren Trockenperio-den vor allem im Münsterland und in Ostwestfalen-Lippe die Gefahr, dass es durch Nutzungskonkurrenzen Einschränkungen bei der Was-serversorgung geben könnte, wie die jüngere Vergangenheit bereits gezeigt hat.

Klimaanpassung als langfristiger Prozess
Nicht zuletzt aufgrund der guten Datenlage des LANUV ist sich die Landesregierung der kritischen Lage bewusst und ist bereit für ein zielgerichtetes Handeln auf allen Ebenen. Dabei versteht die Landesregierung die Klimaanpassung nicht nur als ad hoc Reaktion auf Extremwetterer-eignisse. Vielmehr ist die Landesstrategie als langfristige Aufgabe und langfristiger Prozess angelegt, der für die Zukunft vorsorgen soll. Sie soll im Zusammenspiel mit Akteuren in ganz NRW, von der Kommune über die Unternehmen bis hin zu den Bürgerinnen und Bürgern gestaltet werden. Sie macht Angebote zur Information, Beratung, Förderung und Vernetzung für unterschiedliche Zielgruppen in allen relevanten Hand-lungsfeldern.
Die Strategie wurde von allen zwölf Landesministerien gemeinsam erarbeitet, um den komplexen, sektorenübergreifenden Herausforderungen und ihrer Bedeutung für die Daseinsvorsorge gerecht zu werden. Damit wird von allen Landesministerien weiterhin die Verantwortung für die Klimaanpassung übernommen, die konstruktive Zusammenarbeit fortge-setzt, um Synergien zwischen verschiedenen Handlungsfeldern zu ma-ximieren und mögliche Zielkonflikte zu mindern. In einem Beteiligungs-prozess wurden der Beirat Klimaanpassung und junge Erwachsene in die Entwicklung der Ziele und Maßnahmen eingebunden. Bis 2029 wird die Strategie für die Landesregierung handlungsleitend sein. Ihre Um-setzung wird laufend überprüft, bevor sie in einem nächsten Strate-giezyklus aktualisiert wird.

Weitere Informationen

  • Übersicht über den Maßnahmenkatalog https://www.umwelt.nrw.de/system/files/me-dia/document/file/klans-nrw_ubersicht-der-massnahmenkata-log.pdf
  • Entwicklung Jahresdurchschnittstemperatur in NRW
    https://www.umwelt.nrw.de/system/files/media/images/2024-10/nrw-umweltindikator_warming-stripes_300dpi.jpg
  • Klimafolgen-Indikatoren für NRW:
    https://www.klimaatlas.nrw.de/klima-nrw-monitoring
0 - 4

Thank You For Your Vote!

Sorry You have Already Voted!

2 Kommentare zu "NRW wappnet sich mit neuer Strategie gegen Folgen des Klimawandels"

  1. Kaminski Barbara | 4. Oktober 2024 um 06:37 | Antworten

    “ Ein Papier! Ein Papier.“ Oh Pardon, bei Loriot war das ein Klavier. Aber egal. Der Herr Minister kennt unser neuestes Klimaschutzgebiet auf dem alten Markt? Als Kapuzinerplatz beliebt? Nur eine kleine Peinlichkeit am Rande, wenn man so über Nacht plötzlich zunehmende Hitze vor der Türe stehen hat.

  2. „Erhalt und Wiederherstellung von Waldflächen“ ist super. Da fangen wir doch der Einfachheit halber mit dem JHQ an, statt es für Industrie oder und JVA zu versiegeln. Wie schön, ein Stückchen gewachsene Natur gerettet. Wo gibt es das heute noch. YESSS Mönchengladbach, VORBILDLICH !!!!

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*