Bei Armut kein Platz in  der Kita

Ärmere Familien ziehen häufig den Kürzeren, zeigt eine Studie.

Das Arbeitslosenzentrum kämpft seit Jahren gegen diesen Missstand.

Bei der Suche nach Kindergarten-Plätzen erhalten arme Eltern häufiger eine Abfuhr als Erziehungsberechtigte „mit mehr Geld“.
Das verdeutlicht eine jüngst veröffentliche bundesweite Analyse des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung. Karl Sasserath, Leiter des Gladbacher Arbeitslosenzentrums (ALZ), meint dazu: „Leider bestätigt diese Erhebung das, was wir seit Jahren feststellen – und kritisieren.“ Vor allem die Kinder von Eltern mit Migrationsgeschichte bleiben auch in Gladbach viel zu oft unversorgt. Mit zum Teil fatalen Folgen für die weitere Entwicklung ihrer Kinder.

Dem Bundesinstitut zufolge hatte 2020 nur etwa jedes vierte armutsgefährdete Kinder unter drei Jahren (23 Prozent) einen Platz in der Kita, während es bei Familien aus „nichtarmen“ Verhältnissen doppelt so viele waren. Der Betreuungswunsch von prekär lebenden Familien wird laut Institut in rund 17 Prozent nicht erfüllt, bei reicheren Lebensgemeinschaften werde nur jeder 10. Wunsch abgelehnt. Auf Gladbach bezogen dürften die Zahlen nicht anders sein, meint Sasserath.

Und weiter heißt es in der Studie: „So nutzt beispielsweise unter jenen Familien, die zu Hause kein Deutsch sprechen und einen Betreuungsbedarf äußern, nur etwa jedes zweite Kind eine Kita. Dagegen können vier von fünf Kindern von Familien, in denen Deutsch gesprochen wird, auch eine Kita besuchen, wenn es seitens der Eltern einen Bildungs- und Betreuungsbedarf gibt.“ Diese Entwicklung führe dazu, „dass viele Kinder ihre Bildungspotenziale nicht entfalten können“. An die Politik gerichtet, erklären die Autoren: Um dies zu ändern, bedarf es unter anderem der Umsetzung weiterer Maßnahmen, den Zugang zur Kita zu vereinfachen und damit die Teilhabechancen aller Kinder unter drei Jahren zu verbessern.

In der Praxis zeigt sich oft: Die aufwändige wie zumeist erfolglose Suche nach einem Kita-Platz ist sehr häufig das Problem alleinerziehender Frauen. Viele von ihnen – zumeist Migrantinnen – haben schon einen Marathon hinter sich, ehe sie im ALZ um Hilfe bitten. Hinzu kommt: Die meisten sprechen kaum Deutsch. Ohne Betreuungsplatz für ihre Kleinen sind aber der notwendige Besuch von Sprachkursen bzw. Qualifizierungskursen für einen späteren Job nahezu unmöglich.

Sasserath und ein befreundeter Rechtsanwalt haben daher vor geraumer Zeit ein standardisiertes Verfahren (kann als PDF auf der Homepage des ALZ heruntergeladen werden) entwickelt, mit dem Eltern den seit zehn Jahren bestehenden Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz gegenüber der Stadtverwaltung durchsetzen können. Wichtig: die Erziehungsberechtigten müssen den Antrag auf Zuteilung eines wohnortnahen Kitaplatzes schriftlich an die Verwaltung stellen. Das Schreiben an die Stadtverwaltung enthält die Aufforderung, auf den Antrag einen schriftlichen Bescheid zu erteilen. Gegen einen ablehnenden Bescheid ist für die Erziehungsberechtigten die Klage vor dem Verwaltungsgericht möglich. Mit anderen Worten: der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz lässt sich auch gerichtlich gegen die Stadtverwaltung durchsetzen. „Weil es hier um einen Rechtsanspruch geht, würde ich den Eltern auch immer im Fall der Ablehnung raten, notfalls mit Hilfe juristischer Unterstützung den Anspruch auf dem Rechts- bzw. Klageweg durchzusetzen“, sagt Sasserath. Im ein oder anderen Fall reagierte die städtische Behörde ohne großes Aufsehen – zur Freude der gefrusteten Eltern bzw. Alleinerziehenden über den „plötzlichen Kita-Platz“.

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