Vor meinem Antrag auf Laisierung suchte ich einen priesterlichen Freund auf, der ebenfalls den Dienst aufgegeben und geheiratet hatte.
Alle Spuren vergangener Jahre schienen beseitigt. In seinem Bücherregal entdeckte ich nichts, was auf seine Beziehung zu Kirche und Glauben schließen ließ. Kein Hinweis auf den theologischen Überbau jener Jahre, in denen er seine Glaubensüberzeugung und seine ihm eigene Spiritualität gelebt hatte. Was ihn und andere betraf, verstand er von seinen Glaubensüberzeugungen her zu begründen.
Immer wirkte er zufrieden und ausgeglichen. Jetzt stand seine Wohnung leer – leer, was seine Geschichte betraf. Hatte er mit sich gerungen, ob sein Gott, ob seine Kirche, ob Glaubensinhalte ihm den richtigen Weg gewiesen hatten? Waren Botschaften, die ihn geprägt hatten, zerschellt an den Realitäten des Lebens? Hatten für ihn gültig gewesene Glaubens- und Lebensformeln ihre Überzeugungskraft eingebüßt?
Vielleicht fühlte er sich nicht mehr heimisch unter Kirchendächern. Nicht finstere Mächte müssen über ihn hereingebrochen sein, nicht beängstigende Statistiken ihn zermürbt haben, sondern alltägliche Begebenheiten.
Als er neue Antworten auf seine Fragen gefunden hatte, trennte er sich von allem und ging neue Wege. Sein Ich hatte sich gemeldet.