Vergessen zu sein scheint die Sorge um eine Über-Dosis Laien-Engagement in der Kirche.
Die Vatikanische Kongregation für den Gottesdienst hatte bestimmt, was gelten solle beim „Sonntäglichen Gemeindegottesdienst ohne Priester“:
Laien dürften die ihnen anvertraute Aufgabe nur unter Leitung eines Pfarrers wahrnehmen. Es handele sich nicht um eine den Laien eigene Aufgabe, sondern um eine Vertretung dort, wo ein für die Dienste beauftragter Priester nicht zur Verfügung stehe. Die Gläubigen müssten wissen, dass eine Eucharistiefeier ohne Priester nicht möglich sei.
Daher müsse der Ersatzcharakter eines Gottesdienstes ohne Priester klar sein, damit man ihn nicht für die optimale Lösung halte.
Bei solchen Gottesdiensten müssten Formulierungen vermieden werden, die dem Priester oder dem Diakon zuständen. Es seien liturgische Elemente auszulassen, die an eine Messe erinnern könnten, z.B. der Ruf „Der Herr sei mit euch“. Priester und Laien sollten „das tun, was ihnen zukommt“.
Auch Wortgottesdienste wurden von Tabus umstellt.
Ob denen, die solche Mahnungen vor noch nicht allzu langer Zeit ersonnen und als verbindlich erklärt haben, wenigstens die Schamröte ins Gesicht steigt?
Die Marktwirtschaft löst den „Fachkräftemangel“, den die großen christlichen Kirchen beklagen, auf andere Weise. „Migranten“ werden gesucht und angeworben. Mangelberufe zwingen dazu, Arbeitskräfte von außen ins Land zu rufen, weil sie im Inland nicht zu finden sind.
„Priester-Migranten“ zu entdecken, müsste eine reizvolle Aufgabe für katholische Kirchenobere sein. Doch ehemals ergiebige, klerikale Migranten-Pfründe wie die Niederlande oder Polen neigen selbst zur Erschöpfung oder sind versiegt. Auch dort hat die „Überflussgesellschaft“ ihr Ende gefunden.
Ob die neuzeitlich ansetzende Völkerwanderung neue Quellen erschließt? Ob man sich eines fernen Tages an laisierte Priester-Migranten erinnert, um deren brach liegendes Potential zu nutzen?
Ich würde nicht zur Verfügung stehen, nicht nur aus Altersgründen. Ich würde mich nicht als Ersatzspieler aufstellen lassen, der das Spielfeld zu verlassen hat und auf der Ersatzbank Platz nehmen darf, wenn der Stammspieler das Feld betritt. In welcher Reserve-Mannschaft dürfte ich mich fit halten, an welcher Bedarfshaltestelle auf einen Einsatz hoffen?
Welche Personen, die sich für Entscheidungsträger halten bzw. mit diesem Anspruch auftreten, müsste ich um Erlaubnis bitten, was ich wann und wo tun darf?
Ich bin kein Lückenbüßer und tauge weder zum Edelreservisten noch zum Leiharbeiter, auch nicht für liturgische Funktionen Zweiter Wahl.
Es wird mir nicht ergehen wie jenen „Personen weiblichen Geschlechts“, denen nach Vorschrift des Kirchlichen Gesetzbuches von 1917 das Ministrieren nur gestattet war, „wenn keine männliche Person zur Verfügung stand und ein gerechter Grund vorhanden war“. Sie durften nicht an den Altar herantreten, sondern nur „von ferne“ antworten.
Vatikanische Empfehlungen deuten allerdings an, was vorsorglich und im Fall des Falles zu tun ist: Die Gemeinde muss mit größerem Eifer darum beten, der Herr möge Arbeiter für seine Ernte aussenden. Not lehrt auch in solchen Fällen beten.
Wir dürfen also davon ausgehen: Ehe die letzte Kerze auf den Altären erlischt, wird man ein Sesam-öffne-dich des Priesternachwuchses entdecken.
„Fluctuat, nec mergitur – Möge sie auch schwanken, sie geht nicht unter.“ Der Wahlspruch der Stadt Paris wird auf die Kirche übertragen. Das Kirchenschiff ist unsinkbar, das Unternehmen Kirche unbesiegbar. Die Behauptung, der Meeresboden sei übersät mit Wracks unsinkbarer Schiffe, gilt nicht für das Schiff Kirche.
„Selig, die nicht sehen und dennoch glauben.“