Hans-Jürgen Bitter: Leidenschaft Steinzeit

Der Historiker und Germanist Hans-Jürgen Bitter

Der Mönchengladbacher Historiker und Germanist Hans-Jürgen Bitter, der am 2. August 91 Jahre geworden wäre, hat sich Jahrzehnte mit der Suche nach den Hinterlassenschaften unserer frühen Vorfahren beschäftigt und in Odenkirchen eine der größten Privatsammlungen jungsteinzeitlicher Fundstücke Deutschlands zusammengetragen.

In rund 40 Jahren sicherte er etwa 30.000 Werkzeuge, die die ersten Mönchengladbacher vor Jahrtausenden hergestellt haben. Viele Funde sind von musealer Qualität und zeigen die ganze Bandbreite hochentwickelter Werkzeuge aus dem Alltag des steinzeitlichen Menschen.

Hans-Jürgen Bitter wurde am 2. August 1930 im Wallfahrtsort Neviges geboren und das katholisch-liberale Klima seines Elternhauses prägte seine Aktivitäten. So war er Messdiener und sofort nach dem 2. Weltkrieg mit Freunden einer der Wiederbegründer der katholischen Pfadfinderschaft in seinem Heimatort.

Nach dem Besuch der Grundschule von 1936 bis 1940 in Neviges bestand er am 8. März 1950 – seine Schulzeit am Städtischen Gymnasium Langenberg wurde durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen – sein Abitur mit Bestnoten und studierte an der Universität zu Köln Geschichte und Germanistik.

Am 18. Februar 1957 legte er dann die ‚Wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Höheren Schulen in Deutsch und Geschichte‘ ab. Nach seiner Lehrerausbildung an einem Mädchengymnasium in Düsseldorf kam er im November 1959 im Alter von 29 Jahren als Studienassessor an das Gymnasium Odenkirchen, an dem er bis zu seiner Pensionierung am 1. Februar 1991 wirkte.

Inspiriert durch den Odenkirchener Pfarrer und Heimatforscher Franz Rixen, der in Mönchengladbachs ältestem Kegelclub ‚Erholung‘ sein Kegelbruder war, und Anton Mennen, den Nestor der Mönchengladbacher Archäologie, dessen Sammlung – neben Funden von Bernd Hussner und einer Auswahl aus Bitters eigener Sammlung – heute im Rheindahlener Wasserturm an der Mennrather Straße zu besichtigen ist, begann sich Hans-Jürgen Bitter in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts für die Ur- und Frühgeschichte des Mönchengladbacher Raumes zu interessieren.

Voller Begeisterung für die Lebensformen unserer Vorfahren lief er über Jahrzehnte forschend über die Äcker des Umlandes, um die Hinterlassenschaften der Steinzeitmenschen zu bergen. Viele ältere Spaziergänger und ehemalige Schüler erinnern sich an den Mann, der im Frühjahr und Herbst leicht vorgebeugt und im Einverständnis mit den Bauern die Felder Furche für Furche nach alten Siedlungsplätzen absuchte.

Hans-Jürgen Bitter

Hans-Jürgen Bitter reichte seine Sammelleidenschaft nicht nur an seine eigenen Kinder, sondern auch an viele seiner Schützlinge am Gymnasium Odenkirchen oder während seiner Vorträge an anderen Schulen weiter. So bekam Dr. Jürgen Thissen, der Wiederentdecker der Fundstelle des Neandertalers, durch ihn im Unterricht erstmals steinzeitliche Artefakte in die Hände, begann daraufhin selbst über die Felder seiner Heimat zu laufen und wurde Archäologe.

Obwohl Hans-Jürgen Bitter als Lehrer und Vortragender viele Mitbürger über das gesprochene Wort mit den Artefakten der frühen Mönchengladbacher zusammengebracht hat, kümmerte er sich persönlich nicht um die Präsentation seiner Sammlung in der Öffentlichkeit und publizierte kaum – ein Beispiel ist allerdings der Beitrag für die Festschrift des Gymnasiums Odenkirchen zum 125. Gründungstag 1986 (‚Steinzeitliche Funde als Quelle im Geschichtsunterricht‘).

Als Dr. Ellen Schwinzer, die damalige Kustodin der Museums Schloss Rheydt, vom 30. August bis 1. November 1981 die Ausstellung ‚Aus der Erde geborgen II: Unbekannte Funde der Steinzeit aus dem Raum Mönchengladbach‘ organisierte, lieh der Heimatforscher den Ausstellungsmachern zwar viele seiner Fundstücke – einige sind auch im Katalog zu sehen -, bestand jedoch darauf, dass sein Name im Verborgenen bliebe.

Am 30. Oktober 2002 hielt Hans-Jürgen Bitter auf Einladung des Heimatvereins im Rahmen der Studiovorträge im Burgturm den Vortrag ‚Die Jungsteinzeit in Odenkirchen und Umgebung‘. Der Sammler zeigte dort in Form eines Diavortrages ausschließlich Funde, die er im Odenkirchener Raum geborgen hatte und dessen beeindruckende Bilder Bernd Hussner, ein anderer Mönchengladbacher Steinzeitsammler, von seinen Fundstücken gemacht hatte.

Erst einige Jahre später, nach Bitters Tod am 18. September 2004, waren seine Fundstücke in den Jahren 2009 und 2011 in drei mit großem Engagement gestalteten Ausstellungen in Mönchengladbach wieder im öffentlichen Raum zu sehen – jetzt auch verbunden mit seinem Namen. Im Januar 2009 organisierte die Geschichts-AG des Hugo-Junkers-Gymnasiums in der Hauptgeschäftsstelle der Stadtsparkasse am Rheydter Markt die Ausstellung ‚5000 Jahre Geschichte – Mönchengladbacher Sammler zeigen ihre Schätze‘. Die Schüler hatten zuvor Ursula Bitter, die Witwe des Heimatforschers kennengelernt. Sie überzeugten die Verwalterin der Fundstücke mit ihrem Konzept und entliehen einige Prunkstücke für die mit großem Erfolg vor 150 Gästen von Oberbürgermeister Norbert Bude – der Bitters Schüler war – eröffnete Ausstellung. Ein beeindruckendes Presseecho begleitete die Präsentation, unter anderem produzierte der lokale Fernsehsender ‚CityVision‘ einen Beitrag.

Von Januar bis Februar und von September bis Oktober 2011 fanden im Anschluss an Hans-Jürgen Bitters 80. Geburtstag gleich zwei Ausstellungen statt, die nun ausschließlich Artefakte der ‚Sammlung Bitter‘ zeigten. Zunächst organisierte wieder die Geschichts-AG des Hugo-Junkers-Gymnasiums in den Räumen der Hauptgeschäftsstelle der Stadtsparkasse am Rheydter Markt eine Ausstellung mit 150 ausgewählten Funden unter dem Titel: ‚Hans-Jürgen Bitter – Leidenschaft Steinzeit‘. Wiederum gestaltete Oberbürgermeister Norbert Bude mit ausnehmend persönlichen Worten die Veranstaltung zu Ehren seines ehemaligen Klassenlehrers und wiederum produzierte ‚CityVision‘ einen Fernsehbeitrag zu der von vielen Weggefährten Bitters besuchten Ausstellung.

Da im Jahr 2011 auch die Jubiläumsfeier zum 150. Gründungstag des Gymnasiums Odenkirchen stattfand, bat die Schule die Familie des Sammlers, das Ausstellungskonzept in das Festprogramm aufnehmen zu dürfen – und so eröffnete am 23. September 2011 die Ausstellung ‚Hans-Jürgen Bitter: Leidenschaft Steinzeit‘ erneut, diesmal allerdings in den Räumen der Stadtsparkasse zu Odenkirchen.

Hans-Jürgen Bitter, der am 18. September 2004 starb, ist – obwohl katholisch – auf dem evangelischen Friedhof im Familiengrab seiner Frau in Odenkirchen begraben, weil ihm dieser Ort ausnehmend gut gefiel. Seine Grabstätte ist leicht zu finden, wenn man den Friedhof durch den Haupteingang betritt, gleich rechts auf den Hauptweg abbiegt und nach 120 Schritten den Blick nach rechts wendet. Das ihm zu Ehren dort errichtete ‚Monument‘ passt in wunderbarer Weise zu seiner die Jahrzehnte überspannenden Leidenschaft, denn auf seinem Grab ruht ein zwei Tonnen schwerer Mühlstein, auf dem zu lesen ist:

‚Hans-Jürgen Bitter, 2.8.1930 – 18.9.2004‘.

Reinhard Bitter

Eine ausführliche Biographie Hans-Jürgen Bitters findet sich in Heft 32 der Schriftreihe ‚Odenkirchen gestern und heute‘ des Heimatvereins Odenkirchen. Bestellungen sind über den Heimatverein für 2 Euro pro Heft möglich.

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