„Alles in Ordnung?“ Die Frage überrascht mich. Ob sie Besorgnis ausdrückt? Was kann nicht in Ordnung sein auf diesem Schiff? Unordnung kommt nicht vor, ist nicht eingeplant. Alles ist geordnet. Ich muss nicht planen. Es wird geplant. Man plant und denkt für mich.
Der Cruise Direktor beginnt damit früh am Morgen. „Heute ist Donnerstag. Es ist neun Uhr. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen. Sie können frühstücken.“ Die Schiffswelt ist in Ordnung. Ordnung reiht sich an Ordnung. Ich werde empfangen, geleitet, geführt, bedient. „Wir bringen es Ihnen.“ „Wir holen es Ihnen.“ Geübte Hände entfalten die Stoffserviette auf meinem Schoß, kredenzen den Orangensaft, servieren die Toastscheibe. Meine Hände und Füße hätte ich daheim lassen können.
Alles hat seine Ordnung. Der Hotel-Direktor, der Front Office Manager, der Restaurant-Manager, die Hausdame, der Küchenchef – fern und nah gesteuert werde ich umsorgt. Dreiundfünfzig wichtige und außerordentlich wichtige Garanten meines Wohlbefindens und der Ordnung sorgen sich um mich. Ich kann sie nicht immer sehen, aber sie sind da. Sie sorgen für Ordnung. Ordnung muss sein. Ordnung sagt mir, ob ich sportlich leger, sportlich elegant oder in sportlichem Chic erscheinen soll.
„Schön, dass Sie da sind.“ Der Tagesspruch macht es mir leicht, Ordnung gut zu finden. Daheim herrscht auch Ordnung. Schiffsordnung ist anders. Nicht statisch, eher fließend, gleitend – so wie der Fluss, auf dem wir dahin gleiten. Auch Gleiten hat seine Ordnung. Der Kapitän sorgt für geordnetes Gleiten, geräuschloses Gleiten. Manchmal himmlisches Gleiten, wenn der Wettergott kraft himmlischer Verordnung die Sonne scheinen lässt. Dann strahlt alles, was Ordnung hat.
Reisen räumt mit Vorurteilen auf, hat jemand geschrieben. Mit Ordnung hatte ich bisher Probleme; hielt sie für überflüssig. Ein Vorurteil. Ohne Ordnung kann ich nicht leben. Zumindest nicht auf einem Schiff.