Mentoring für Flüchtlinge geht in die zweite Runde

Im November geht das erfolgreich gestartete „IM-Netzwerk“ in die zweite Runde. Dafür werden noch ehrenamtliche Mentoren gesucht.
Es war ein klares „Match“. Die Profilbögen von Hikmat Hussein, dem 34-jährigen Marketingfachmann aus Syrien, und des doppelt so alten Physikers und promovierten Ingenieurs Dr. Klaus Hintzen aus Mönchengladbach zeigten: Diese Verbindung könnte passen. Und tatsächlich – gleich beim ersten persönlichen Treffen stimmte die Chemie. Seither ist Hintzen ehrenamtlicher Mentor des Flüchtlings, der vor sieben Monaten mit seiner ägyptischen Frau Aliaa Basha (29) nach Deutschland kam.

Möglich gemacht hat diese Begegnung das Projekt „IM-Netzwerk“ des Caritasverbandes und der Stadt Mönchengladbach. „IM“ steht für Integrations-Mentoring. „Wir bringen bürgerschaftlich interessierte Menschen mit geflüchteten Menschen zusammen“, erläutert Gemeindesozialarbeiterin Brigitte Oltmanns vom Caritasverband Region Mönchengladbach.

Die Mentoren schenken Zeit, vermitteln einen Einblick in die deutsche Kultur und das deutsche System – und sind neugierig auf unbekannte Kulturen. „Die Mentees wiederum möchten sich auf neue Bekanntschaften einlassen und mehr über das Leben in Deutschland erfahren“, sagt Hannah Wehrmann von der Flüchtlingsbetreuung der Stadt. Das Ziel ist eine Begegnung auf Augenhöhe. Wie oft sie miteinander Kontakt haben, entscheiden Mentor und Mentee selbst.

„Wir schreiben uns viel in unserer Whatsapp-Gruppe, zu der auch meine Frau Hiltrud und Aliaa Basha gehören, und mindestens alle zwei Wochen sehen wir uns“, berichtet Klaus Hintzen, und Hikmat Hussein sagt über seinen Mentor: „Er ist ein guter Freund.“
Die beiden Frauen verstehen sich ebenfalls gut; die ehemalige Sonderschullehrerin Hiltrud Hintzen ist wie ihr Mann ehrenamtlich engagiert. Das Paar hat 25 Jahre lang in Paris gelebt und gearbeitet. 2008 kamen sie nach Mönchengladbach zurück. „Ich habe viel Schönes im Leben erlebt. Die Gesellschaft gibt einem so viele Dinge – davon möchte ich jetzt mit großer Freude etwas zurückgeben“, erklärt Hintzen.

Wenn sie sich gegenseitig besuchen, sprechen Klaus Hintzen und Hikmat Hussein beispielsweise über das System in Deutschland, über Politik oder über die Stellung der Frau hierzulande und in muslimisch geprägten Gesellschaften. „Ich lerne viel dazu“, sagt Hintzen, „es ist ein partnerschaftliches Verhältnis.“ Geplant ist ein Besuch im Düsseldorfer Landtag, auch einen gemeinsamen Theater- oder Museumsbesuch kann er sich gut vorstellen.

„Integration ist keine Einbahnstraße, sondern sollte ein Win-win-Situation sein“, meint Hikmat Hussein, der in Dubai bei großen englischsprachigen Zeitungen gearbeitet und dort auch seine Frau kennengelernt hat, die Agraringenieurin ist. Aber dann lief sein Pass aus, und der 34-Jährige hatte die Wahl: in Syrien zum Militär eingezogen werden – oder flüchten. „Wir hatten einen Monat Zeit, Dubai zu verlassen“, berichtet er. Mit seiner Frau machte er sich auf den Weg in die Türkei, von dort zu Fuß nach Bulgarien, wo das Paar 13 Tage im Gefängnis verbringen musste, dann weiter über Österreich nach Deutschland. Es war eine lange und sehr gefährliche Flucht. Als sie vor sieben Monaten in Deutschland ankamen, hatten Hikmat und Aliaa buchstäblich nur noch das, was sie am Körper trugen.

Nach einigen Monaten in einer Flüchtlingsunterkunft hat das Ehepaar inzwischen eine Wohnung gefunden, Hikmat darf zunächst für drei Jahre in Deutschland bleiben, er besucht einen Integrationskurs und lernt Deutsch: „Sprache ist der Schlüssel für alles“, sagt er. Für das Sozialamt und die Stadtbibliothek leistet er freiwillig Übersetzungsdienste, er spielt Schach im Verein und geht zweimal pro Woche zu einem Lauftreff. „Ich möchte ein Teil dieser Gesellschaft sein“, sagt er. Deutschland habe ihn und seine Frau sehr gut behandelt: „Es hat uns unser Leben zurückgegeben.“

Info:
Bisher engagieren sich sieben Mentoren im „IM-Projekt“ des Caritasverbandes und der Stadt Mönchengladbach für geflüchtete Menschen aus Syrien und dem Irak. Alle haben zuvor eine dreiteilige Qualifizierung absolviert, bei der es um die eigene Rolle im Ehrenamt, um die Prävention von sexualisierter Gewalt und um die interkulturelle Sensibilisierung ging. Im November startet das von der METRO, dem SKM Verein für soziale Dienste Rheydt und dem Katholischen Forum unterstützte Projekt in die zweite Runde.

Wer sich für ein Mentoring für geflüchtete Menschen interessiert, ist herzlich eingeladen zu einem Informationsabend am Mittwoch, 2. November, um 19.00 Uhr in der Geschäftsstelle des Caritasverbandes an der Albertusstraße 36. Die Schulungstermine finden ebenfalls im November statt.
Kontakte: oltmanns@caritas-mg.de, Hannah.Wehrmann@moenchengladbach.de.

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