Nicht immer nur Halleluja. Ein Leben mit der Orgel

Heinz Jakob Quast war mehr als 25 Jahre an St. Nikolaus in Mönchengladbach-Hardt tätig. Während einer Abendmesse zur Frühkirmes zeigte die von ihm auf der Orgelbühne bediente Liedtafel nicht nur „Lobet den Herrn“ im Gebet- und Gesangbuch an. Sie teilte den Gottesdienst-Besuchern auch den 2:0-Auswärtserfolg der „Borussia“ mit, die sich mit diesem Ergebnis die Teilnahme an der UEFA Champions-League sicherte.

Heinz Jakob Quast

Der Kirchenmusiker, Organist und Chorleiter H. J. Quast ist ein frommer Mensch, was ihn nicht daran hindert, den Himmel mit irdischen Augen zu betrachten. Er lebt nicht in jenseitigen Welten. Organisten bzw. Organistinnen sind Musiker, welche die Orgel spielen, in der Regel Pfeifenorgeln oder digitale Sakralorgeln in Kirche und Gottesdienst. Auch im Konzertbereich und in der Unterhaltungs-Branche erklingen Orgeltöne. Frommes „Halleluja“ und „Rhein- und Weinlieder für Elektro-Orgel“ schließen einander nicht aus.

Wenn Heinz Jakob Quast Walter Rothenburgs Karnevals-Hymne „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ von der Orgelbühne in den Kirchenraum schallen lässt, kann der Anlass ein Gottesdienst zu Karneval sein. Denkbar, dass ein Pastor ihn motiviert hat, der im „Jlabbacher Karneval“ „Kölsch-katholische Gottesdienste“ feiert und angesagter „Bläck-Fööss“-Fan ist.

Der Organist Quast begeistert sich nicht nur für berühmte Organisten wie Georg Friedrich Händel und Johann Sebastian Bach. Er schätzt den Gregorianischen Choral, die einstimmige Kirchenmusik. „Gaudete in domino semper“. „Freut euch immer im Herrn“. Eingangschoral zur Liturgie am 2. Adventssonntag. Treffender als mit diesem Leitsatz und der persönlichen Maxime „Hört auf zu jammern“ kann man einen Nachfahren der großen Organisten nicht charakterisieren.

 „Wenn ich mal sterbe, müssen Sie das spielen“, bat ihn ein Freund. In dem Fall war es ein Song von Dorothee Müller: „Dein Wort ist wie ein Lichtstrahl. Es schützt mich in Gefahren im Dunkel dieser Welt.“ Man spürt, dass sich der Organist und Chorleiter mit dem Liedgut und der ausgewählten Orgel-Literatur identifiziert. Er lebt sie und teilt sein Erleben Orgel spielend mit.

„Heinz Jakob, wir sind in Not. Kannst du helfen?“ Ein Organist, ein Chorleiter ist erkrankt. Ersatz wird gesucht. Wer Heinz Jakobs Telefon-Nummer kennt, dem wird geholfen. Beim „Baustellenfest in St. Peter“ war ein Konzert des Kirchenchors eingeplant. Er sprang als Chorleiter und Organist ein. Ein „Quartett-Verein“, ein „Gesangverein“, viele andere waren und sind dankbar für seine kurzfristige Dienstbereitschaft. Denkt jemand daran, dass er Dienst-Schluss hat und pensioniert ist? „Wenn man nichts tut, tut sich nichts.“ Auch so könnte einer seiner Leitsätze lauten. Organist im produktiven Ruhestand.

„Ein evangelischer Pfarrer rief an“, schaltet sich seine Frau ein. Keine Frage, welche Antwort er erhielt. Das Orgelspiel ist Heinz Jakobs Lebens-Elixier. Es hat bei ihm eine vergleichbare Wirkung wie ein in Wein oder Alkohol gelöster Auszug aus Heilpflanzen. Orgel spielen zu können, hält und macht ihn gesund.

„Wo lernt man das?“ Die Frage hätte ich nicht stellen müssen. Nachdem seine Eltern von  Wassenberg, seinem Geburtsort, nach Arsbeck umgezogen waren, wurde er in der dortigen  St. Aldegundis-Kirche heimisch. Um sieben Uhr morgens war Werktagsmesse. Willi Busch spielte die Orgel. Der Junge Heinz Jakob stand neben ihm am Spieltisch und schaute zu.  Gleiches wiederholte sich beim Nachfolger. Dieser bat ihn, an seiner Stelle bei einer Mai-Andacht die Orgel zu spielen, da er verhindert wäre. Der junge Mann traute sich die Aufgabe zu. Als er am Schluss einen Blick in den Kirchenraum warf, sah er seinen „verhinderten“ Lehrmeister in einer Bank sitzen. Katholische Organisten-Prüfung anno dazumal.

Natürlich hat er sich im Laufe der Jahre fachlich qualifiziert. Zum Orgel-Spielen – ein Manual- und Pedal-Spiel „mit Händen und Füßen“ – gehören Registerkunde, Grundkenntnisse im Orgelbau, Kenntnisse in der Liturgie, Intonieren und Begleiten des Gesangs der Gemeinde, Vor- und Nachspiel sowie Improvisationskunst. Die Funktion des Organisten ist zudem häufig mit der des Chorleiters verknüpft. Dirigieren bei Chorproben und Aufführungen, stimmliche Schulung der Chormitglieder, Auswahl der aufzuführenden Stücke sind mit dem Aufgabenbereich selbstverständlich verbunden.

Nicht vorstellbar für ihn, Organisten durch Orgel-Automaten abzulösen, bei denen die Orgeltasten von Maschinen-Stößeln gedrückt werden statt von Hand. Klaus Holzapfel konstruierte Automaten, die Kirchenmusiker überflüssig machen können. Ein Organist Quast ist durch sie nicht zu ersetzen.

Organisten und Chorleiter wie er gehören in Zeiten des Personalmangels und zunehmender Technisierung einer aussterbenden Zunft an. Schade. Dennoch muss ihm nicht bange werden. In seiner Familie, vor allem in den beiden inzwischen erwachsenen Kindern, tragen sein Können und sein Engagement Früchte. Ihre Musizier-Kunst ist vermutlich unsterblich.

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2 Kommentare zu "Nicht immer nur Halleluja. Ein Leben mit der Orgel"

  1. Diakon W. Türlings, GdG Brüggen Born Bracht | 25. August 2019 um 12:14 |

    Als Organist aber auch als Mensch ist HJ Quast ein ganz wunderbarer und herzlicher Mann.
    Humorvoll und liebenswert, immer hilfsbereit bereichert er uns. Jeder Organist hat ganz sicher seinen eigenen Stil. Heinz Jakob aber hat einen ganz besonders schönen und kraftvollen. Er holt aus den Orgeln unserer Kirchen in besonderer Weise heraus was in ihnen schlummert.
    Heinz Jakob ist einfach unverwechselbar und ein Könner seines Faches, dazu noch ausgestattet mit einer tollen Singstimme.
    Hoffen wir, dass wir alle noch lange Freude mit und an ihm haben. Gottes reichen Segen für ihn, aber auch für seine Frau!

  2. Margit Sobek | 25. August 2019 um 11:03 |

    Halleluja!
    Heute ist Sonntag, heute gehört das Orgelspiel, das Spüren des Halleluja besonders dazu.
    Und so vermissen wir Kirchengemeindeglieder in unserem Stadtviertel recht schmerzlich Diethart D., unseren hoch geschätzten und beliebten Kantor und Chorleiter. Er ist ein begnadeter Organist und erfreute uns 25 Jahre lang jeden Sonntag mit seinem Spiel und auch immer wieder mit wunderbaren Orgelkonzerten.
    Doch nun ist er seit einem Jahr im Ruhestand und umgezogen in eine andere Stadt.
    In unserer Kirche hat eine neue Ära begonnen. Es gibt immer häufiger sog. „Junge Gottesdienste“, ohne Orgel (!), dafür mit modernen Liedern und jungen Liedermachern.

    In der kommen Woche darf Diethart D. seinen 70. Geburtstag feiern, und alle sind von ihm eingeladen! Zum Orgelkonzert in unserer Kirche. Er wird nochmals an seiner geliebten Orgel für uns das Halleluja erklingen lassen und uns hinterher im Gemeindesaal bewirten.
    Was für ein Fest!
    Was für eine Freude!
    Halleluja!

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