Pfingsten 2019

Auf einem Österreichischen Katholikentag sprach Karl Rahner, einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts, von der Sorge, es könne der Geist ausgelöscht werden. „Uns alle muss die Sorge quälen, dass wir es sein könnten, die den Geist auslöschen: Durch den Hochmut der Besserwisserei, durch Unbelehrbarkeit, Herzensträgheit und Feigheit, womit wir neuen Impulsen und neuen Drängen in der Kirche begegnen.“

Rahner ermahnte zunächst seine Kirche. Diese hörte den Ruf, erweckt aber nach wie vor nicht den Eindruck, dass sie ihn verstanden hat und in die Tat umzusetzen bereit ist. Das Gezerre um ein gemeinsames Abendmahl der christlichen Kirchen, der Widerstand gegen eine Priesterweihe für Frauen verraten den Un-Geist, der vorherrscht. Manche Kirchen-Oberhäupter scheinen „von allen guten Geistern verlassen zu sein“.

„Pfingsten“ – das Fest des Heiligen Geistes, sagen die Christen. „Pfingsten“ – Aufforderung an  uns alle, darüber nachzudenken, wie wir mit unseren Geistesgaben umgehen und wofür wir sie nutzen. „Löscht den Geist nicht aus“, mahnte Karl Rahner. Er sprach nicht nur als Kirchen-Vertreter. Er war auch Staatsbürger. Wenn man sich an die kürzlich erfolgten Wahlen zum Europa-Parlament und an das bizarre Brexit-Chaos erinnert, kann man nicht unbedingt geist-volles Handeln dahinter entdecken.

„Dem Volk muss man „aufs Maul schauen“, wird Martin Luther, Initiator der Reformation, zitiert. Der Sprachforscher Hartmut Günther deutet Luthers Aussage so: „Wenn du als Pfarrer etwas über eine Schreinerei sagen willst, musst du erfahren, wie ein Schreiner spricht. Wenn es um Krankheiten geht, frage den Arzt. Du musst so reden, dass die Leute dich verstehen.“ Ob unsere politisch Verantwortlichen darüber schon einmal nachgedacht haben? Sir Winston Churchill, ehemaliger britischer Staatsmann und Premierminister, hat es so formuliert: „Mit dem Geist ist es wie mit dem Magen: Man sollte ihm nur Nahrung zumuten, die er verdauen kann.“

„Löscht den Geist nicht aus.“

Ihr Eltern und Erzieher. Helft euren Kinder und Schutzbefohlenen, jenen Geist aufzuspüren, der sie zu eigenständigen, geist-beseelten Menschen macht.

Ihr Kinder und Heranwachsenden. Traut denen, die euch Wege in die Zukunft weisen, zu, dass sie es im Geist des Verstehens und Vertrauens zu euch tun.

Ihr Arbeitgeber und Unternehmer. Seht eure Mitarbeiter als Menschen an, die ihr be-geistern sollt für das, was sie bei euch und für euch leisten.

Ihr alle, die ihr euch engagiert in Familie und Beruf, in Vereinen und Gruppen, in Staat und Gesellschaft: Möge guter Geist euer Handeln prägen.

Das Zitat „Die ich rief, die Geister, werd‘ ich nun nicht los“ aus Johann Wolfgang von Goethes Ballade „Der Zauberlehrling“ warnt uns vor dem Un-Geist der Selbstüberschätzung, vor dem Un-Geist der Wichtigtuerei, vor dem Un-Geist, der nur noch über das Smartphone mit anderen kommuniziert.

Es ist Pfingsten. Die Gaben des Geistes, auch des Heiligen Geistes, stehen uns Menschen in reichem Maß zur Verfügung. „Löscht diesen Geist nicht aus.“

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1 Kommentar zu "Pfingsten 2019"

  1. Norbert Mischke | 10. Juni 2019 um 18:18 |

    Besser als alles was ich an Predigten in (Morgen-)Andachten und Gottesdiensten zu Pfingsten gehört habe!!!

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