Alles für die Gerechtigkeit

 

Norbert Walter-Borjans, NRW-SPD-Finanzminister, und mit ihm die Mönchengladbacher SPD hatten geladen zum Thema „Steuergerechtigkeit“. Eine überschaubare Anzahl Genossen, Freunde und Gäste war gekommen, um den geborenen Niederrheiner und „Star der Steuerfahndung“ u. a. dafür zu loben, dass der NRW-Haushalt inzwischen einen Haushaltsüberschuss vorweisen kann. Frau Yüksel, Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der SPD Mönchengladbach, begrüßte „Norbert“ und verabschiedete sich sofort – Berlin rief sie. Aber es blieben ja  Hans Willi Körfges und Felix Heinrichs anwesend, die Seit an Seit mit dem Minister Rede und Antwort stehen sollten.

Wie zu erwarten, sprach Borjans das vom Bundesrat mit den Stimmen der SPD- und Grün-geführten Länder gekippte Steuerabkommen mit der Schweiz an. „Ein gutes Ergebnis für ehrliche Steuerzahler, die aufatmen können.“ Der Einsatz sogenannter Steuerdaten-CDs, die zum guten Ergebnis beitragen sollen, musste selbstverständlich von SPD-Seite nicht begründet werden. Steuervermeidung durch Milliardäre und internationale Großkonzerne wie Apple müsse man entgegenwirken – oft und auch hier wiederholte Schlagworte. Es dürfe keinen Wettbewerb um beste Modelle zur Steuerhinterziehung geben. Auch das kam den Zuhörern bekannt vor. Dies habe Einnahmeverluste in Milliardenhöhe bei Bund, Land und Kommunen zur Folge. Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft sprechen von mehr als dreißig Milliarden Euro jährlich hinterzogener Steuern.

Der Name Martin Schulz durfte natürlich nicht fehlen, der sich in einer allseits empörten Gegenwart für eine gerechte Behandlung Steuern zahlender Bürger einsetzen, aber nicht als Wohltaten-Spender agieren wird. Es gehe – auch das kam bekannt vor – um  gerechte Verteilung von Steuerlasten, u.a. durch angemessene Beteiligung hoher Einkommen und Vermögen an notwendigen Zukunfts-Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Als Beispiel wurden die vierhundert Millionen Euro zitiert, die ursprünglich für die Flüchtlingshilfe eingeplant waren – Kosten, die inzwischen um ein Zehnfaches gestiegen sind.

Gerecht, ungerecht, angemessen – die Sozialdemokraten setzen voraus, das jedem Bürger einleuchtet, was er darunter zu verstehen hat. Nach den demnächst anstehenden Landtags- und Bundestagswahlen wird man ihm Interpretationshilfen anbieten. Dann wird sich erweisen, wie weit etwas von der Realität entfernt ist. Jeder ist im Nachhinein duldsam, was eigene Fehleinschätzungen betrifft.

Das Bonmot von den „starken Schultern“, die bei der Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben mehr leisten müssen als die „schwachen“, konnte in dem Zusammenhang nicht fehlen. Reiche Leute könnten sich einen armen Staat leisten, arme Leute jedoch keinen reichen Staat. Nicht Bundesfinanzminister Schäubles „schwarze Null“ sei der Maßstab, sondern das, was Handlungsfähigkeit garantiere. Das Land NRW benötige Gelder für notwendige Investitionen nicht seiner geografischen Größe wegen, sondern wegen der enormen Dichte der Städte und Gemeinden.

Die anwesenden Partei-Oberen stellten im anschließenden Interview klar, dass sie den kommenden Belastungen gewachsen seien. Hans Willi Körfgens – Niederrheiner wie Borjans – hält sich joggend körperlich fit. Er könne mit großen Summen auf Landesebene umgehen, bestätigt er; im familiären Bereich verlasse er sich auf seine Frau, welche auf Ausgabe-Grenzen achte. Fraktionsvorsitzender Heinrichs ist nicht weniger sparsam, wenn er auch ein Bierchen mit Freunden nicht verachtet. Und der Minister? Der verweist auf seinen bescheidenen persönlichen Lebenswandel; den Begriff „Spießer“ dabei nicht negativ interpretierend. Eintrittspreise im Borussia-Park belasten ihn nicht, da er dem Kölner FC nahe steht. Um anwesende Borussen-Fans nicht zu vergraulen, verweist er flugs auf die gute alte Zeit mit Netzer, Berti Vogts und anderen Idolen, die ihm lieb und teuer waren.

Die ausgleichende Gerechtigkeit bleibt an diesem frühen Abend nicht auf der Strecke. Ein Paradies der Perfektion wird ja nicht versprochen.

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