Freunde

„Paparazzo“-Skulptur in Bratislava. Foto: Dickers

Meine Idee fand ich hervorragend. Ein besonderer Anlass rief meine Mitmenschlichkeit auf den Plan.
Zu meinem Freundeskreis gehören Leute, die nicht Jedermanns Freund sind. Aber sie besuchen mich öfter als andere Freunde. Meistens zufällig.
„Hast du einen Euro für mich?“ Den Euro gebe ich meistens. Willi kenne ich schon lange. Außerdem duzen wir uns. Unter Gleichgesinnten selbstverständlich. Seine Oma liege im Krankenhaus. Aber die Bahn sei wieder teurer geworden. Willis Oma war mir das Geld wert.

So habe ich viele Freunde. Der eine noch mehr als der andere. Sie lud ich ein. Geschenke sollten sie nicht mitbringen. Es wäre schön, wenn du kommen könntest. Sagte ich Willi. Sagte ich Manni. Sagte ich meinen Freunden.
Ihre Dankbarkeit schien eindeutig. Ich erwartete sie zum Nachmittagskaffee und hatte mich wirklich angestrengt. Kaffee und Kuchen gab es reichlich.
Zigaretten wollte ich jedem persönlich zuteilen. Für den kommenden Winter mussten sie nicht vorsorgen. Ich wusste, sie würden wieder kommen und fragen: „Hast du?“ Ich hätte.
Sie mussten längst da sein. Den Kaffee hätte ich in Warmhaltekannen füllen sollen. Die Kuchensahne wartete darauf, wieder in den Kühlschrank gestellt zu werden. Ich wartete auf meine Freunde. Die ließen mich lange warten.
Nach zwei Stunden begann ich abzuräumen, den Kaffee weg zu gießen. Den Kuchen konnte ich morgen im Seniorenstift abgeben. Die Zigaretten auch. Drei Tage später traf ich Manni. Als er mich sah, wollte er davon humpeln. Aber ich holte ihn ein. Ob er den Kaffee bei mir vergessen habe. Er stammelte etwas von seiner Oma. Es gehe ihr nicht gut.
Irgendwann liefen sie mir alle über den Weg. Als Willi sich eines Tages bei mir Zigaretten holte, vertraute er es mir an. Das mit dem Kaffee sei eine gute Idee gewesen. Aber er habe sich geschämt zu kommen.

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