Ich lebe nicht nach „Cosi fan tutte – So machen es alle“. Mit der Rückversetzung in den Laienstand bin ich kein anderer geworden. Ich habe mir keine Tarn-Identität zugelegt. Es ist mein Leben – mit meiner Handschrift, meiner Identität, meinen Konturen, meiner Geschichte, meinen Träumen. Mein Leben verläuft nicht in gesichtslosen Parallelwelten.
Ich halte mich nicht geruchs-neutral im Dunstkreis von „überall und nirgendwo“ auf. Meine Frau und ich leben nicht in einer Übergangs-Zone, sondern in einer konkreten Stadt, in einem konkreten Pfarrverband. Dort sind wir zuhause.
Man muss leben, wie man kann, und nicht, wie man will – nach diesem Grundsatz will ich leben. Düstere Szenarien sehe ich nicht heraufziehen, da ich von guten Geistern umgeben bin, von irdischen und überirdischen. Auf sie vertraue ich.
„Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt“ – die Erfahrung des chinesischen Philosophen Lao-Tze macht mir Mut. Ehe ich erreicht habe, was ich von meinem Leben noch erhoffe, möge es noch eine Weile andauern. Auch in meinem Fall gilt: Totgesagte leben länger.
Ich habe Ideen und Pläne, die ich verwirklichen möchte, ohne festgeschriebene Dramaturgie. Daher wird keine ereignislose Zeit vor mir liegen. Auf eine Zuschauerrolle, abgeschirmt von Tagesereignissen und mit ungläubigen Augen die Welt betrachtend, werde ich mich nicht beschränken. Dem „Sie dürfen nicht“ begegne ich mit „Ich will und ich kann“.
Wenn ich mit Menschen ins Gespräch komme, spüre ich, wie viele danach dürsten, Erde und Himmel in ihrem Leben in Einklang zu bringen. Dazu kann ich Hilfestellung leisten, zusammen mit vielen, die mit mir unterwegs sind. Die Aussage des Schweizer Pädagogen Pestalozzi, dass Menschen nicht für sich allein auf Erden leben, sondern den Leuten gehören, wird von mehr Menschen in die Tat umgesetzt, als man vermuten kann.
Weder kleine noch große Sorgen und Probleme verschwinden in der Regel von selbst oder lösen sich in Luft auf. Gesundbetern misstraue ich. Oft ist es besser, an das Herz eines Menschen zu appellieren, statt an seinen Kopf. Das traue ich mir zu.
Ich habe gelernt zuzuhören und mir etwas sagen zu lassen. Auch andere Menschen haben Ideen. Ich vermag Menschen zu trösten und ihnen beizustehen, wenn ihre Welt aus den Fugen zu geraten droht, wenn sie in bestimmten Situationen verzweifeln und bei jemandem Halt suchen.
Ich bin bereit jemanden, der einen Aufbruch wagt, zu unterstützen und ihn zu ermuntern, an sich zu glauben. Der biblische Satz „Dein Glaube hat dir geholfen“ ist keine leere Formel. Wer glaubt, dass ihm geholfen wird, und wem es gelingt, auszubrechen aus seiner Ich-Bezogenheit, bei dem kann Glaube, bildlich gesehen, „Berge versetzen“. Dabei leide ich nicht unter dem Zeitgeist „Optimierungs-Wahn“.
Ich habe nicht meinen Verstand, nicht meine Phantasie, nicht meinen Optimismus, nicht meinen Humor, nicht den Glauben an mich selbst verloren. Daher will ich nicht nur, dass es anderen gut geht, sondern auch mir. Ich will nicht ausschließlich im Schatten Anderer stehen, sondern den Nächsten lieben „wie mich selbst“, wie die Bibel empfiehlt.
Meine Lebensgeister müssen nicht neu belebt werden. Niemand muss mich aus einem Dornröschen-Schlaf wecken, damit ich Neues planen kann. Meine
Lebenslust und mein Einfallsreichtum sind nicht abhanden gekommen. Mutlosigkeit wird man mir nicht nachsagen können.
Obwohl ich in die Jahre gekommen bin, bin ich nicht müde. Ich habe nicht auf alles und jedes eine Antwort, nicht für jedes Geschehen eine Begründung, verstehe mich aber als mitdenkender, weltoffener Zeitgenosse, nicht als skeptischer Weltbetrachter.
Die Kirche, deren Mitglied ich bin, kann bzw. muss weiter mit mir rechnen. Jedoch werde ich nicht unentwegt Weihrauch für sie anzünden. Mit „Roma locuta, causa finita“ – Wenn der Papst gesprochen hat, müssen andere nicht mehr reden – werde ich mich nicht zufrieden geben.
Trotz aller Unwägbarkeit vertraue ich darauf, nicht in die Sackgasse der Selbstgerechtigkeit zu tappen. Der Vorhang in meinem Leben ist noch nicht gefallen. Ich ahne nicht, was sein wird; aber ich hoffe und bete, noch gute Jahre vor mir zu haben. Die Pendeluhr schlägt im zuverlässigen Takt.