Dringender Appell gegen „Satt, sauber und Still“

Grafik: Sozialholding

Leiharbeit in der Altenpflege? – So nicht!

Beitrag von Helmut Wallrafen (Geschäftsführung der Sozialholding Mönchenglabach)

Bereits 2020 gab es Bemühungen in verschiedenen Bundesländern Leiharbeit in der Pflege zu begrenzen. Während „Zeitarbeit“ meistens keinen guten Ruf hat und mit ihr schlechte Gehälter und befristete Stellen verbunden werden, ist dies bei der Leiharbeit in der Pflege anders. Sie bietet den Beschäftigten individuelle Arbeitsmöglichkeiten bei sogar leicht verbesserter Gehaltssituation im Vergleich zum „Stammpersonal“ der Pflegeunternehmen. Auch wenn es 2020 erst ca. 15.000 der 780.000 Beschäftigten in der Altenpflege waren, so war dies immerhin schon mehr als eine Verdopplung seit 2014.

Im August 2022 führte die Berliner Krankenhausgesellschaft eine Fachveranstaltung mit Vertreterinnen aus Politik, Praxis und Wissenschaft durch und kam zu dem Ergebnis, welches die Altenpflegebasis bereits seit längerem bemängelt: Unzuverlässigkeit, schlechte Pflege und Unruhe in den Pflegeteams des Stammpersonals sind nur drei der zahlreichen Gründe, die ein sofortiges Handeln seitens Politik, Pflegekassen und Ministerialverwaltung notwendig machen.

Wenn die Beschäftigten in der Altenpflege alle in Leiharbeitsfirmen wechseln würden, weil ihnen dort mindestens der gleiche Lohn bei weniger bis keiner Verantwortung, flexibler Urlaub, individuelle Arbeitszeiten incl. kein Dienst an Wochenenden, Dienstwagen und mehr geboten wird, wer arbeitet dann noch „rund um die Uhr“ 24 Stunden an 365 Tagen, so wie wir es alle kennen, die irgendwann einmal den Pflegeberuf erlernt haben?

Nachdem wir uns vor mehr als 30 Jahren gegen das „Satt, Sauber und Still“ in der Altenpflege aufgelehnt haben, finanzielle, wissenschaftliche und pflegefachliche Strukturen geschaffen wurden, die bei geplanten Prozessen individuelle Ergebnisse bei den Patientinnen und Bewohnerinnen gebracht haben, bewegen wir uns mit dem Ausbau und der politischen Akzeptanz der Leiharbeit wieder mit Höchstgeschwindigkeit auf „Satt, sauber und Still“ zu.

Begreifen das Politik und Pflegekassen nicht? Selbst die Gewerkschaften loben plötzlich die Arbeitnehmerinnenfreundlichkeit der Arbeitsstrukturen bei den Leiharbeitsfirmen. Wer interessiert sich noch für die individuellen Bedürfnisse der alten Menschen?

Tariflohn, Betriebliches Gesundheitsmanagement, der Arbeitsschutz, das Bundesurlaubsgesetz sind doch nicht nur Verpflichtungen für Altenhilfeträger, ohne dass Leiharbeitsfirmen, die sich in dem Tätigkeitsfeld engagieren sie ebenfalls zu 100 % einhalten müssen. Die Einhaltung gesetzlicher Regelungen, die Einhaltung pflegefachlicher Anforderungen wie z. B. die Expertenstandards, die Steuerung der Pflege und Betreuung, welche, voraussetzt, dass man die zu Betreuenden auch kennt, dürfen doch nicht hinter der rein quantitativen Vorhaltung von Personal zurückbleiben.

Welchen Anreiz haben Menschen in der Altenpflege noch in „ihren“ Unternehmen zu bleiben? Die bundesdeutsche „Ich-AG“ ist in der Altenpflege angekommen! Das, was uns jahrzehntelang motiviert hat: mit Kolleg*innen im Team qualifizierte Pflege zu leisten und dabei nicht aufzuhören, die Trägerstrukturen und Arbeitsstrukturen zu verbessern bzw. gesetzliche Verbesserungen zu fordern, droht von profitorientierten Leiharbeitsfirmen konterkariert zu werden.

Hat sich die „Freie Marktwirtschaft“ bei den Trägerstrukturen schon längst als falscher Weg erwiesen, ohne dass Politik und Pflegekassen der „Sozialen Marktwirtschaft“ schon die Zukunft eingeräumt haben, droht das Gleiche in der Arbeitsmarktpolitik. Das Ganze bei nachgewiesener schlechterer Arbeitsqualität, die sich nach Untersuchungen je nach Anzahl der Leiharbeitenden halbieren soll.

Die Eindämmung von Leiharbeit ist überfällig! Unterstützen Sie die Initiative „Leiharbeit in der Altenpflege? – So nicht! – und machen Sie sie gerne zu Ihrer Initiative in Ihrer Region und Ihrem Bundesland.
Gemeinsam für eine Verbesserung der Personalsituation in den Altenpflegeunternehmen!

v.i.S.d.P: Helmut Wallrafen

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