Keine Ermüdungserscheinungen

pendeluhr

Von der Vergangenheit allein kann ich nicht leben. Nicht hinter mir Liegendes habe ich zu bewältigen, sondern Gegenwart und Zukunft. Die Bereitschaft, Neues zu wagen, ist geblieben. Ich bin nicht nur mit Zuhören beschäftigt und ziehe mich nicht in einen Elfenbeinturm zurück.

Ich sehne mich nicht nach neuen Aufgaben; jedoch begnüge ich mich nicht damit, nichts zu unternehmen oder im Wartezimmer unter einer Käseglocke Platz zu nehmen. Daher tue ich etwas, ohne auf Aufforderung hin handeln zu müssen – auch wenn ich meine Aktivitäten der „Sie dürfen nicht-Schublade“ entnehmen muss.

Auf einen von außen festgelegten Gebrauchswert lasse ich mich nicht reduzieren, mir per Einschüchterung auch keine geistlichen Handschellen anlegen. Über mögliche Bedenken weiß ich mir ein Urteil zu bilden. Niemand hat Exklusivrechte an mir. Ich bin in keines Menschen Besitz übergegangen.

Wenn das Leben weiter so mit mir umgeht wie in den Jahren meines erinnerbaren Lebens, werde ich ihm, so hoffe ich, weitere positive Seiten abgewinnen. Ich  verspüre keine Ermüdungserscheinungen. Dass ich in Bedeutungslosigkeit versinken werde, nehmen nur jene an, die mir nichts zutrauen.

Dankbar habe ich jenen Brief gelesen, den mir die Freunde des Familienkreises aus Anlass des fünfzigsten Jahrestages meiner Priesterweihe zukommen ließen. Sie schreiben u. a.:

Anlässlich Deines Priesterjubiläums daher unser Glückwunsch, verbunden mit dem Dank, unsere Kreisgemeinschaft über all die Jahre auch spirituell begleitet zu haben. Du stehst mit Deinem Tun Menschen, auch uns, beratend und helfend zur Seite, wenn es geht und es Dir möglich war und ist. Das zeigt sich auch durch Deine Tätigkeit in der Öffentlichkeit, . in den Lese-Reisen und Vorträgen, bei denen Du Andere zum Anhören, auch zum Nachdenken aus christlicher Sicht, und möglicherweise zu neuem Handeln veranlasst.

Wegen Deines mutigen Eintretens gegen klerikale Institutionen musstest Du konsequent sein und handeln. Ein Schritt, den viele bedauert und etliche Dir verübelt haben. Es ist Dir gelungen, einen neuen Anfang in Deinem Leben zu machen. Diese Konsequenz hat Dir, vor allem in unserem Kreis, Respekt und Achtung verliehen.Trotz allem bist und bleibst Du „Sacerdos in aeternum“.

Die ehemals „jungen Familien“, die inzwischen im Goldhochzeit-Alter angekommen sind, wurden für mich und untereinander zum Freundeskreis. Es sind Menschen, denen ich glaube und die an mich glauben. Es sind Menschen mit unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen vom Diesseits und Jenseits. Es sind Menschen, die sich darauf verlassen, dass sich jemand um uns kümmert – im Himmel und auf Erden.

Sie haben dazu beigetragen, dass ich dankbar auf meine priesterliche Aktivzeit zurückblicken kann und sie nicht missen möchte.

Die Mitbrüder meines Weihe-Semesters werden das anders sehen. Für sie existiere ich seit der Laisierung vermutlich nicht mehr als Mitbruder. Für sie ist es ihr Jubiläum, nicht das meine.

Sie täuschen sich. Wenn ich auch in ihrem toten Winkel stehen mag – ich lasse mir nicht nehmen, was mir gehört. Ob und wie sie ihr „Goldjubiläum“ gefeiert haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich hoffe, dass sie auf gute fünfzig priesterliche Jahre zurückblicken. Ich kann ihnen bestätigen, dass auch für mich diese Jahre in guter Erinnerung verankert bleiben.

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