Etwas war anders beim gestrigen Neujahrsempfang des Bezirksvorstehers des Stadtbezirks Ost in Mönchengladbach.
Hermann-Josef Krichel-Mäurer ehrte selbstverständlich auch gestern 3 verdiente Bürger aus dem Bezirk:
Brigitte Kolb, als Vorsitzende des Vereins “Aktion Freizeit behinderter Jugendlicher“. Paul Breuer, Mitglied der Kolpingfamilie Giesenkirchen, für sein vielfältiges Engagement in Mönchengladbach.
Robert Dreßen für seinen langjährigen ehrenamtlichen Einsatz in der Turnerschaft Lürrip.
Krichel-Mäurer betonte ausdrücklich, dass diese drei geehrten Bürger beispielhaft seien für die große Anzahl der Ehrenamtler im Bezirk.
Das beherrschende Thema war ein anderes, Krichel-Mäurer sprach bewegt und bewegend von der Erfahrung, die er seit dem Eintreffen der ersten Flüchtlinge in Giesenkirchen gemacht hat.
„Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einige Ereignisse richten, die den Stadtbezirk und auch mich persönlich in den letzten Monaten sehr berührt haben: Bedingt durch die weltweite Not durch Kriege, Terror, Seuchen und Hunger suchen immer mehr Menschen in unserem Land Schutz. So fällt es auch unserer Stadt zu, diese Menschen bei uns aufzunehmen. Kaum ein Stadtteil ist heute davon nicht betroffen.
Als im September die Mitteilung kam, dass Flüchtlinge in der ehemaligen Grundschule auf der Friesenstraße untergebracht werden müssen, bildete sich innerhalb von wenigen Tagen ein großes Hilfsbündnis von Nachbarn, Kirchen, Schulen, Vereinen und Sozialverbänden mit dem Ziel, diese Menschen als gute Nachbarn in die Gemeinschaft des Stadtteils aufzunehmen. Viele Giesenkirchener
bringen sich von Angeboten für die Kinder über Sprachunterricht bis hin zu Begleitung bei Behördengängen und anderen Orientierungshilfen in unserer Stadt ein. Vielfach sind gute persönliche Kontakte, bisweilen regelrechte Freundschaften entstanden.
Flüchtlinge werden nicht als Fremdes, als Unbekanntes, als Bedrohliches empfunden, sondern sie sind als gute Nachbarn willkommen geheißen und aufgenommen worden.
ln Neuwerk, wo seit vielen Jahren schon eine Einrichtung für Flüchtlinge besteht, kümmern sich insbesondere die Mitglieder der katholischen und evangelischen Gemeinden bereits sehr liebevoll um die dort lebenden Menschen.
ln Pesch, wo seit kurzem ebenfalls ein Haus für die Aufnahme von Flüchtlingen hergerichtet worden ist und in Lürrip, wo die Aufstellung einer solchen Einrichtung für die nächsten Wochen in Vorbereitung ist, haben sich schon jetzt Menschen gefunden, die hier für Solidarität, gute Nachbarschaft und konkrete Hilfen sorgen wollen. Hier formiert sich derzeit das Hilfsbündnis auch organisatorisch.
Es ist mir eine große Freude, dass Menschen in unserem Stadtbezirk offen, herzlich, hilfsbereit und solidarisch auf die Menschen zugehen, die Opfer von Krieg, Terror, Seuchen oder Hunger geworden sind, und dass alle das ihre dazu tun, dass wir als gute Nachbarn zusammenleben können.
Es ist mir ein persönliches Anliegen, all denen, die hier sehr viel Zeit, Engagement und auch materielle Hilfen einbringen, ganz herzlich zu danken“.
Dann sprach er die aktuelle Situation in Deutschland und Europa an.
„Traurig macht mich, dass in unserem Land über Jahre mit Sprengsätzen und Waffen Menschen getötet wurden, nur weil sie Migranten waren.
Traurig macht mich, dass in unserem Land Montag für Montag Menschen auf die Straßen gehen, um Ablehnung, Misstrauen und Hass gegen Migrantinnen und Migranten zu sähen und sich dabei auf die Verteidigung des christlichen Abendlandes berufen.
Traurig macht mich, dass es auch mitten in Europa Menschen gibt, die mit Gewalt und Mord gegen andere Religionen vorgehen und sich dabei auf den Islam berufen.
Traurig macht mich, dass es auch schon in unserer Stadt Menschen gibt, die mit Parolen und Drohungen gegen Andersgläubige vorgehen und sich dabei auf den Islam berufen.
Ist das Christentum?
Ist das Islam?
Meiner Meinung nach nicht.
Ich möchte Sie zu einem gemeinsamen Gebet einladen“.
Krichel-Mäurer hatte die Pfarrer der katholischen Gemeinde und der evangelischen Gemeinde in Neuwerk, den Vorsitzenden Sesai Sahin und den Hodscha des islamischen Kulturzentrums auf der Neusser Straße gebeten, zum Abschluss des gestrigen Empfangs selbst ihre Botschaft an die Anwesenden und an die Menschen in unserem Stadtbezirk zu übermitteln.
Für die islamische Gemeinde Neusser Straße sprach Hodscha Seyyid Aslan, Pfarrer TiII Hüttenberger vertrat die evangelische Friedenskirchen Gemeinde und Pfarrer Heinz-Josef Biste sprach für die katholische Gemeinde Maria von den Aposteln in Neuwerk.
Hodscha Seyyid Aslan sprach eindeutig: „ Terror hat keinen Platz in irgendeiner Religion und ist mit islamischen Werten nicht vereinbar“.
Zum Abschluss erhoben sich alle Teilnehmer des Empfanges zum gemeinsamen Friedensgebet.
Den Ausklang einer würdigen Veranstaltung gestalteten der Chor “Die Tonartisten“ gemeinsam mit der “St. Barbara Big Band“.
Sie hatten für eine hervorragende musikalische Begleitung des Neujahrsempfanges gesorgt und waren mit großem Applaus bedacht worden.