Wunderbare Landschaft

Sie sei die schönste Landschaft der Welt, wird behauptet. Guilins Berge und Flüsse überträfen alle Schönheiten dieser Welt. Ich wollte mich von ihrer wundersamen Schönheit, von den unwirklich erscheinenden Kalksteinkegeln und nebelverhangenen Gipfeln, von der bizarren Formenvielfalt überzeugen. Die chinesische Landschaft am Li-Fluss zwischen Guilin und Yangshuo entstand, als vor 200 Millionen Jahren durch eine tektonische Erhebung der Meeresboden zurück wich und die übrig bleibenden Berge allmählich zerklüfteten. Jetzt erheben sich die Berge unmittelbar aus der Ebene und streben steil nach oben, unterschiedlich in ihrer äußeren Gestalt. Maler und Dichter haben sich ihrer angenommen.

Ich saß auf einem der vielen Schiffe, die den Li-Fluss befahren. Man kann bedauern, dass mehr als eine Million Touristen hierher kommen, dass tausende Touristen am gleichen Tag das Gleiche vorhaben, dass 250 Schiffe wie in einer Schiffsprozession die gleiche Strecke fahren, dass die besten Plätze an der Reling belegt sind, wenn man fotografieren will. Ich nahm es hin. Vier Stunden lang hatte ich Zeit, Schiffe und Passagiere zu übersehen und die Szenerie zu genießen.

Wind und Wasser haben im Verlauf vieler Millionen Jahre eine unvergleichliche Landschaft geschaffen. Die chinesische Sprache drückt Begriffe in Bildern aus. Berge, die am Schiff vorüber ziehen, tragen Namen, die Sichtweisen oder Gefühle wiedergeben. Berg der farbigen Schichten, Elefantenrüssel-Berg, Mondsichel-Berg, Wellen besänftigender Berg, Pferdegemälde-Berg, Fels des Leuchtenden Mondes, Gipfel der einzigartigen Schönheit, Fünf-Finger-Berg. Die Seitenansicht des Fünf-Finger-Berges, der auf der Rückseite des neuen chinesischen 20-Yuan-Geldscheins abgebildet ist, soll einem Mädchen gleichen, das sich gerade kämmt. Sprache drückt Erlebtes aus. Die kegelförmigen Berge stehen mitten in Reisfeldern, in Bambushainen und Plantagen. Pampelmusen und Hirse, Süßkartoffel und Erdnüsse werden geerntet.

„Hier waren vor fünfzehn Jahren noch Reisfelder.“ Die chinesische Reiseführerin pries in Shanghai die Vorzüge der überdimensionalen Hochhäuser. Sie kennt wohl nicht die Landschaft am Li-Fluss. Ein Mitreisender fotografierte einen Bauern und seinen Büffel aus allen denkbaren Kamera-Blickwinkeln. Bauer und Büffel ließen sich für ein paar Münzen auf die Szenerie ein. Sollten nicht doch Hochhäuser hier errichtet werden?

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