Coronakrise trifft immer mehr Mönchengladbacher

Auf dem Foto von rechts: Martin Dalz (Verein Wohlfahrt), Hildegard van de Braak (Caritasverband), Norbert Schoeller und Christoph Föhles (beide SKM). Foto: Caritasverband

Immer mehr Mönchengladbacher geraten in der Coronazeit in schwierige Lebenssituationen und benötigen Hilfe und Beratung.

Das stellen der Caritasverband Region Mönchengladbach, der Verein Wohlfahrt und der SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste in Rheydt anlässlich der „Armutswochen“ der Caritas übereinstimmend fest. Die drei katholischen Organisationen blicken mit Sorge auf die kommenden Wochen und Monate.

Der Caritasverband verzeichnet deutlich mehr Zulauf in der Schuldner- und Sozialberatung. „Die Pandemie führt viele Haushalte in die Verschuldung“, berichtet Hildegard van de Braak, Leiterin des Bereichs Soziales und Familie. Besonders betroffen seien ältere Menschen mit kleinen Renten, Familien mit Kindern sowie Migranten, für die es kaum günstige Wohnungen gebe.

Bei der Caritas beraten eine hauptamtliche Mitarbeiterin und vier ehrenamtlich Engagierte beispielsweise zum Thema Mietzahlungen, zu Pfändungsschutzkonten oder zum Umgang mit Schulden. Während des Lockdowns hatte der Verband eine Hotline eingerichtet. „Bei uns haben sich viele Menschen gemeldet, weil sie von der Caritas Hilfe erwarten“, sagt Hildegard van de Braak. Sie geht davon aus, dass der Bedarf noch einmal zunehmen wird. Der Verband will deshalb eine Online-Beratung anbieten, um noch mehr Menschen unterstützen zu können.

Ein Aufenthalt im Warmen, ein freundliches Gespräch, Frühstück, Mittagessen und eine heiße Tasse Kaffee: All das finden Arme und Wohnungslose im Tagestreff Bruno-Lelieveld-Haus des Vereins Wohlfahrt an der Erzbergerstraße 8 – auch in der Coronazeit. „Sowohl der Tagestreff als auch unsere stationäre Einrichtung Anna-Schiller-Haus waren während des Lockdowns weiter geöffnet, obwohl wir unter sehr erschwerten Bedingungen gearbeitet haben“, erläutert Martin Dalz, Geschäftsführer des Vereins Wohlfahrt. Bundesfreiwillige und 1-Euro-Jobber hätten zeitweise nicht arbeiten dürfen, im Tagestreff sei die Zahl der Sitzplätze reduziert worden, außerdem werde das Essen in Schichten ausgegeben. Geholfen habe die sehr gute Zusammenarbeit mit dem städtischen Gesundheitsamt.

Mehr als 3.200 Lebensmittel-Tüten hat der SKM in den vergangenen Monaten an seinem „Gabenfenster“ auf der Waisenhausstraße in Rheydt ausgegeben. Rund 55.000 Euro hatte die „Aktion Mensch“ dafür zur Verfügung gestellt. Nun aber laufen die Mittel aus. „Zurzeit wissen wir noch nicht, wie wir diese Hilfe weiter gestalten können“, sagt SKM-Geschäftsführer Norbert Schoeller. Auch die Arbeit des Internationalen Kinderzentrums an der Karlstraße gestaltet sich wegen Corona räumlich und personell schwierig. Das gilt ebenfalls für den Tagestreff Café Emmaus, der sich vor allem an wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen wendet. „Bisher haben wir ein Zelt aufgestellt, damit trotz Abstandsregeln möglichst viele Menschen kommen können“, sagt Norbert Schoeller. Für die kalte Jahreszeit sucht er derzeit nach Alternativen in pfarrlichen Räumen.

Der SKM hat sein Engagement in der Wohnungslosenhilfe verstärkt. Neu ist beispielsweise eine Beratung speziell für wohnungslose Frauen. Außerdem ist ein Streetworker in Mönchengladbach und Rheydt tätig. Darüber hinaus bieten der Caritasverband und der Verein Wohlfahrt als Kooperationspartner fünf und der SKM sechs sogenannte „Housing-First“-Wohnungen in Mönchengladbach an. Dabei bekommen wohnungslose Menschen eine eigene Wohnung, ohne dass diese an Bedingungen geknüpft ist. Die Wohnung ist die Ausgangsbasis für den Start in ein anderes Leben. Zum Konzept gehören begleitende Hilfen. „Mönchengladbach gehört zu den Städten mit den meisten Housing-First-Wohnungen in NRW“, so Norbert Schoeller.

Seit dem Lockdown kämpfen Arme und Wohnungslose mit einem weiteren Problem: „Es gibt viel weniger Möglichkeiten, durch Betteln Geld einzunehmen“, sagt Martin Dalz. Durch Corona sei etwa die Zahl der „Lustkäufer“ in den Innenstädten zurückgegangen. Dalz nennt ein weiteres Beispiel: „Viele unserer Klienten betteln vor und nach Gottesdiensten – die fanden aber wochenlang nicht statt.“

Auf der anderen Seite sei die Hilfsbereitschaft gestiegen. „Wir haben viele Lebensmittel und andere Spenden bekommen“, berichtet Dalz. Inzwischen erhalte der Verein Wohlfahrt allerdings weniger Spenden als während des Lockdowns und danach. „Gerade mit Blick auf den Herbst und Winter benötigen wir dringend Geld- und Sachspenden, um den Menschen helfen zu können“, betonen Martin Dalz und Norbert Schoeller. Sie befürchten angesichts steigender Infektionszahlen, dass sich die Situation für Arme und Wohnungslose wieder verschlechtert.

Auch der Caritasverband blickt mit Sorge auf die kommenden Monate: „Wir erwarten viele Insolvenzen, nachdem Kredite gekündigt worden sind, die nicht mehr bedient werden konnten“, sagt Hildegard van de Braak. Vor allem Kleinstgewerbe gehe nun insolvent. Viele Menschen hätten durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit weniger Geld zur Verfügung und könnten teilweise die Kosten für Miete oder Strom nicht mehr tragen. „Sie brauchen jetzt die Rücklagen auf. Wir befürchten, dass spätestens im nächsten Frühjahr die Zahl der Schuldner massiv ansteigt“, erläutert van de Braak.

Auch Martin Dalz ist nicht sehr positiv gestimmt, was die Perspektiven für die kalte Jahreszeit betrifft. „Das dicke Ende kommt erst noch“, sagt er. Umso wichtiger sei es, dass sich Caritas, Verein Wohlfahrt und SKM sowie andere Organisationen weiter für die Menschen einsetzen, die von Armut und Wohnungslosigkeit bedroht oder bereits betroffen sind.

Weitere Informationen und Spendenmöglichkeiten im Netz:
www.caritas-mg.de
www.verein-wohlfahrt.de
www.skm-rheydt.de

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