Verbände kritisieren Koalitionspläne: Pflegereform bleibt hinter den Erwartungen zurück – mehr sind uns unsere alten Menschen nicht wert?

Nach Pflegereform-Kompromiss: SPD fordert Gohdes Rücktritt

„Die Vorschläge zur Finanzierung der Pflegeversicherung sind lediglich ein ungenügender Kompromiss und reichen nicht aus“, kritisiert Caritas-Präsident Peter Neher die Ergebnisse der Koalition vom gestrigen Sonntag. „Zentrale Fragen der Pflegereform sind damit nicht gelöst. So scheint die Umsetzung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes kein Thema gewesen zu sein, was angesichts der Dringlichkeit nicht nachvollziehbar ist.“
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, bezeichnete die Beschlüsse der Koalition zur Pflegereform als „enttäuschend und unzureichend“. Der Pflegekompromiss sei nur ein „kleines Pflaster, mit dem man die großen Lücken in der Pflegeversicherung nicht schließen kann“. 

„Natürlich begrüßen wir die verbesserten Leistungen für an Demenz erkrankte Menschen, doch wir vermissen konkrete Aussagen, was das genau für die Betroffenen bedeutet“, so der AWO Bezirksvorsitzende Axel Plaue.
Zudem sei es sowohl für die Pflegebedürftigen, als auch deren Angehörigen eine Zumutung, dass sich die Regierung bis Ende der Legislaturperiode Zeit nehmen möchte, um die längst überfällige Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffes abzuschließen. Dafür lägen bereits seit 2009 Vorschläge vor.
Es ist eine große Enttäuschung für die AWO, dass die Ergebnisse wieder einmal nur der Beweis dafür ist, dass diese Regierung weder willens noch fähig ist, die Pflege nachhaltig zu reformieren.

Als „Reförmchen, das keines der drängenden Probleme im Pflegebereich löst,“ hat die Bundesgeschäftsführerin des Bundesverbandes Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad e. V.), Andrea Kapp, die Beschlüsse der Bundesregierung zur nächsten Pflegereform kritisiert. „Die zusätzlichen Mittel von jährlich 1,1 Milliarden Euro durch eine Beitragsanhebung um 0,1 Prozentpunkte ab 2013 reichen nicht einmal aus, um angesichts steigender Personalkosten die Qualität der Pflege zu erhalten, geschweige denn zu verbessern“, erklärte sie.

„Damit ist das angekündigte ‘Jahr der Pflege’ vorzeitig beendet“, sagt Franz Wagner, Bundesgeschäftsführer des DBfK. Die Koalition zeige sich unfähig, ein nachhaltiges Konzept zur Reform der Pflegeversicherung vorzulegen und Strukturen für die noch zunehmenden Probleme aufzubauen, so Wagner weiter. Wo für die Pflegeversicherung eine Operation erforderlich wäre, wurden von der Regierungskoalition ein paar Pflaster aufgeklebt

Auch der Deutsche Pflegerat hat den Koalitionskompromiss zur Pflege als völlig unzulänglich kritisiert. „Das ist enttäuschend“, sagte Präsident Andreas Westerfellhaus. Es ist erschreckend, dass sich bei der Koalition in dieser Frage Verzögerungtaktik und Hilflosigkeit paaren.“

Die geplante Beitragserhöhung von 0,1% sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, so der Verband der Katholischen Altenhilfe in Deutschland (VKAD). Der Verband spricht sich für den Aufbau eines Kapitalstockes für die Pflege aus. Aus Sicht des VKAD sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Pflege auch weiterhin paritätisch finanzieren und der Versicherungsbeitrag einkommensabhängig bemessen werden. Als weiteren Beitrag zu einer solidarischen Finanzierung der Pflege befürwortet der VKAD einen Risikoausgleich zwischen privater und sozialer Pflegeversicherung.

Die SPD hat den Vorsitzenden des Pflegebeirates, Jürgen Gohde, zum Rücktritt aufgefordert. Angesichts der Tatsache, dass es in dieser Legislaturperiode für Pflegebedürftige nicht mehr als ein Almosen gebe, dürfe sich der KDA-Vorsitzende nicht länger als Feigenblatt instrumentalisieren lassen, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.

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