Was ich nicht vergessen werde

pendeluhr

Eine nicht zu benennende Anzahl von Personen und Familien habe ich während meiner Dienstjahre besucht. Menschen habe ich zugehört, mir Ratschläge von ihnen erteilen lassen.

Mit Vergnügen ist mir mein Spürsinn in Erinnerung geblieben, wenn es bei einer bestimmten Familie Reibekuchen zu essen gab. Zufällig stattete ich dann einen überfällig erscheinenden Besuch ab. Die Hausfrau hatte es geahnt und wegen des zu erwartenden Mitessers eine Portion mehr eingeplant.

Kinder habe ich getauft. Mit etlichen von ihnen, die inzwischen erwachsen sind und selbst Kinder haben, pflege ich freundschaftliche Kontakte. Mit Kindern und Jugendlichen habe ich Ferien-Freizeiten durchgeführt, bin mit ihnen durch Felder und Wiesen gewandert, habe mit ihnen in Zelten übernachtet.

Vielen Paaren, die für ihren gemeinsamen Weg den kirchlichen Segen erbaten, habe ich das Sakrament der Ehe gespendet.

An Krankenbetten habe ich gestanden und Kranken Genesung gewünscht. Kranken und Sterbenden habe ich das Sakrament der Krankensalbung gespendet. Tote habe ich auf ihrem letzten Weg begleitet. Ich habe an ihren Gräbern gestanden und gebetet, manchmal mit  den Angehörigen geweint. Je jünger die Verstorbenen waren, desto betroffener machte mich ihr Tod. Das Schild „Scheiß Motorrad“ auf dem Grab einer tödlich verunglückten Schülerin verdränge ich nicht.

Nicht vergessen habe ich die Begegnung mit dem Ökumenischen Patriarch Athenagoras. Zusammen mit einer Jugendgruppe war ich in Istanbul unterwegs gewesen. Dort erhielten wir die Erlaubnis, den Patriarch besuchen, der sich wenige Wochen vorher  mit dem Oberhaupt der Römischen Katholischen Kirche, Papst Paul VI., getroffen hatte. Der römische Papst war nach Istanbul gepilgert.

„Wir haben neunhundert Jahre lang unter einem Bruch, einem Schisma, gelitten. Jetzt hat Papst Paul die Versöhnung eingeleitet.“ Mit bewegter Stimme schilderte der Patriarch die Zusammenkunft mit dem Oberhaupt der Katholischen Kirche.

Die Kirche Roms und die Orthodoxe Kirche des Ostens hatten die gegenseitige Exkommunikation aufgehoben und „Jahrhunderte des Schweigens“ beendet. Der Papst habe sich als Brückenbauer, als Pontifex erwiesen, betonte Athenagoras.

Uns beeindruckte seine ehrliche Sprache. „Wir Schüler und Studenten wollen versuchen, die brüderliche Liebe der Großen in den kleinen Bereichen unseres täglichen Lebens aufblühen zu lassen“, antwortete der Sprecher der Jugendgruppe.

Es waren Intensiv-Stationen für mich. Zwölf Jahre priesterlichen Wirkens sind nicht ohne Widerhall geblieben, nicht bei mir und nicht bei meinen Weg-Gefährten.

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