NRW-Sperrklausel gescheitert: Verfassungsgericht kippt 2,5% Wahlhürde

Die Richter in Münster haben heute die im Juni 2016 von SPD, CDU und Grünen beschlossene 2,5-Prozent-Sperrklausel als mit der Landesverfassung nicht vereinbar bewertet.

Das Verfassungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die im Grundgesetz verankerten Wahlrechtsgrundsätze auch für die kommunale Ebene gälten. Deshalb müssten alle bei Kommunalwahlen abgegebenen Stimmen die gleiche Erfolgschance haben. Diese Chancengleichheit sei mit einer Sperrklausel nicht mehr gegeben.

„Die Landtagsmehrheit hat aus den vorangegangenen Urteilen des Verfassungsgerichts nichts gelernt. Die Richter haben immer den Nachweis der Funktionsunfähigkeit von Räten als Voraussetzung für eine Sperrklausel benannt. Diesen Nachweis konnten die Sperrklausel-Befürworter trotz aller Bemühungen auch diesmal nicht erbringen“, erklärt Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser von der Initiative „Mehr Demokratie“
. In der Verhandlung über die Klagen von acht Parteien habe der Rechtsvertreter von SPD, CDU und Grünen deshalb versucht, die Wahlrechtsgrundsätze selber infrage zu stellen. „Der Versuch, dabei das Prinzip der Gleichheit aller Stimmen für NRW zu relativieren, ist heute aber krachend gescheitert“, stellt Trennheuser fest.

Mehr Demokratie hatte von Beginn an vor der Wiedereinführung einer Kommunalwahl-Sperrklausel gewarnt. Jetzt fordert die Initiative, aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs endlich die richtigen Konsequenzen zu ziehen. „Probleme wie etwa die mitunter lange Dauer von Ratssitzungen lassen sich sehr einfach mit der Geschäftsordnung lösen“, erläutert Trennheuser.

„…wir wussten es halt schon immer besser!“, so Michele Marsching, ehemaliger Fraktionsvorsitzender und Vertreter der PIRATEN im Organstreitverfahren. „Zumindest was die Sperrklausel angeht: Sie ist undemokratisch, sie schließt Bürger aus, sie ist vor allem verfassungswidrig – und jetzt ist sie abermals weg!“
Allein die nordrhein-westfälische Piratenpartei hatte seinerzeit gegen das sogenannte Kommunalvertretungsstärkungsgesetz gestimmt.
Dennis Deutschkämer, Landesvorsitzender der PIRATEN NRW, ergänzt: „Sperrklauseln sind keine Garantie für stabile Regierungen. Kleine Parteien stören den Politikbetrieb nicht, sondern bereichern ihn. Ich bin froh, dass das Gericht unserem Antrag gefolgt ist und wir so den weiteren Abbau demokratischer Grundsätze und politischer Beteiligung verhindern konnten.“

Aus der SPD-Landtagsfraktion war zu hören: „Wir bedauern sehr, dass der Verfassungsgerichtshof unser Gesetz nicht in der Form bestätigt hat, wie wir es uns gewünscht haben. Uns war bewusst, dass wir mit dem Versuch, die Sperrklausel direkt in die Landesverfassung aufzunehmen, verfassungsrechtliches Neuland betreten haben. Dass die Sperrklausel gerade für Stadträte und Kreistage nicht bestätigt wurde, ist höchst bedauerlich und schwer nachvollziehbar.

SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben dieses Gesetz sorgfältig vorbereitet. Wir wollten nichts unversucht lassen, um die Funktionsfähigkeit unserer kommunalen Vertretungen weiterhin sicherzustellen. Das ist auch unser Verfassungsauftrag.

Seit Aufhebung der Sperrklausel im Jahr 1999 hat die Zersplitterung der Räte von Wahl zu Wahl zugenommen. Wir gehen davon aus, dass dies bei den nächsten Kommunalwahlen weiter zunehmen und damit die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Stadträte und Kreistage weiter beeinträchtigen wird.
Diese negative Entwicklung wird sich weiter fortsetzen“, erklärt Christian Dahm, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW.

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