„Größte Apotheke der Welt“ – Bernd Pastors von Action Medeor zu Gast bei „Gladbacher Gesichter“

Verheiratet, zwei Kinder, 62 Jahre alt. Die Daten aus Bernd Pastors Vita verraten nichts Außergewöhnliches. Die Fakten hinter diesen Daten weisen jedoch auf außergewöhnliche Stationen seines bisherigen Lebens hin: Mitglied und Schatzmeister von „Gemeinsam für Afrika“. Schatzmeister des Verbandes Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungs-Organisationen. Mitglied der Kreissynode Evangelischer Kirchenkreis Gladbach-Neuss. Aufsichtsrat-Vorsitzender des Kolping-Bildungswerks Aachen. Vorstandsvorsitzender von „Aktion Deutschland Hilft“. Vorstandssprecher und Chef des Tönisvorster Medikamenten-Hilfswerks „Action Medeor“.

Sein Engagement in den verschiedenen Gremien gründet auf dem Bestreben, humanitäre Hilfen auf den Weg zu bringen und Menschen dafür zu gewinnen.

Kaspar Müller-Bringmann, Chefredakteur und Inhaber eines hiesigen Medienbüros, interviewte ihn gestern in der Vortragseihe „Gladbacher Gesichter“ im Kamillus-Kolumbarium. Lebendiger, authentischer Journalismus, der einen Zeitzeugen vorstellt, ist einem Printmedium überlegen, das den Lesern einen abstrakten Bericht liefert, ohne zu erwähnen, dass sich der Interview-Partner am gleichen Abend authentisch einem persönlichen Gespräch stellt.

Materielle Hilfe können Organisationen und Unternehmen nur leisten, erklärt Pastors den wenigen, aber interessierten Zuhörern, wenn genügend finanzielle Mittel erwirtschaftet werden. Mit anderen Worten: Man kann jemandem nicht mit leeren Taschen helfen.

Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung eines Gesundheitssystems nach der Ebola-Epidemie in den westafrikanischen Ländern Sierra Leone, Guinea und Liberia. Es müssen Gesundheitsstationen aufgebaut, Gesundheitspersonal ausgebildet und Investitionen in die Gesundheitsversorgung aufgestockt werden.  Aus der „größten Apotheke“ ist ein weltweit agierendes Sanitäts-Unternehmen geworden. Der evangelische Christ Bernd Pastors verdeutlicht, warum er hier tätig ist: Aus Überzeugung und mit persönlichem Engagement könne man die Epidemie in den Griff bekommen. Eine Koordination staatlicher und nicht-staatlicher Hilfsangebote sei notwendig, um effizient handeln zu können.

In Deutschland bestehe das Aktionsbündnis „Aktion Deutschland Hilft“, bei dem dreizehn Hilfsorganisationen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten untereinander abstimmen, um Überschneidungen und Versorgungslücken bei Hilfseinsätzen zu vermeiden, sagt Bernd Pastors.

Das Hilfswerk Action Medeor hat Medikamente, medizinische Instrumente und Isolierstationen nach Liberia an der westafrikanischen Atlantikküste transportiert. Hunderte Betten und Isolierstationen würden benötigt. Die Weltgesundheitsorganisation suche dringend Ärzte, die bereit seien, dort zu arbeiten. Ebola habe die Welt aufgerüttelt. Die westlichen Länder seien in Alarmbereitschaft versetzt, mahnt Pastors eindringlich.

In Liberia, Sierra Leone, Guinea, Kamerun, Burkina Faso, Nigeria, Gambia und Togo wurden Krankenhäuser mit Schutzkleidung und Medikamenten versorgt. Action Medeor verschickte Hilfslieferungen mit einem Gesamtgewicht von über 130 Tonnen. Im vergangenen Jahr 2017 waren es fast 14.000 Medikamentenpakete in 91 Länder – nicht nur nach Ostafrika, sondern auch in die Bürgerkriegsländer Jemen, Irak und Syrien. Auch im afrikanischen Krisengebiet Libyen versucht man zu helfen; von Tunesien aus gelangen Medikamente zur libyschen Bevölkerung.

Die „Aktion Deutschland Hilft“, als deren Vorstandsvorsitzender Pastors wiedergewählt wurde, nennt Leitlinien ihres Handelns: „Menschen, die von Naturkatastrophen oder humanitären Krisen betroffen sind, haben das Recht auf Solidarität und Hilfe. Gemeinsam retten wir Leben und geben notleidenden Menschen eine Perspektive für ein selbstbestimmtes, freies Leben.“ Politische Krisen, soziale Ungleichheit sowie der Klimawandel nehmen einen immer größeren Stellenwert ein im Vergleich zu Naturkatastrophen, ergänzt der Vorsitzende.

In Afrika entscheide sich die Zukunft der Welt, sagte kürzlich ein Politiker.  Einen „Marshallplan“, ein Investitionsprogramm für Afrika, forderte er. Wer Bernd Pastors zuhört, versteht, wie wichtig das ist. Wenn wir verhindern wollen, dass Millionen Afrikaner in den kommenden Jahren auf dem Weg über das Mittelmeer in Europa Zuflucht nehmen wollen, müssen wir handeln. Die größte Flüchtlingskrise steht uns dann erst bevor.

Bernd Pastors verdeutlicht: „Gesundheit ist die wichtigste Voraussetzung für Hilfe zur Selbsthilfe“. Die ärztliche Infrastruktur ist zerstört. Viele Menschen sterben an Malaria, Durchfall-Erkrankungen und Infektionen der Atemwege, die bei ärztlicher Behandlung geheilt werden könnten. Die Ebola-Epidemie verschlimmerte die gesundheitliche Versorgung. Die Ausbildung von pharmazeutischen Fachkräften in den Entwicklungsländern müsse man intensivieren, damit Patienten besser versorgt würden.

„Über 25 Millionen Menschen hungern in Afrika“. Damit benennt B. Pastors ein weiteres Grundproblem, das mit der Gesundheits-Problematik verknüpft ist. Aufgrund lang andauernder Dürre konnte in vielen Regionen keine Ernte einfahren werden. Anderswo hinderten Konflikte die Menschen daran, Felder zu bestellen und das Vieh zu versorgen. Die Hungersnot treffe vor allem die Kinder; harmlose Infekte führten innerhalb weniger Wochen zu ihrem Tod. Action Medeor liefere Spezialnahrung, Infusionen, Antibiotika, Vitamine, Malariamedikamente und Schmerzmittel. Daher der Appell, Menschen zu Spenden zu bewegen. „Gemeinsam gegen die Hungersnot“, laute das Gebot der Stunde. „Mit Ihrer Spende unterstützen Sie Hilfsprojekte für Menschen in Not“, heißt es in einem Aufruf des Aktionsbündnisses. „Ihre Spende rettet Leben.“

„Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt“, schrieb Kurt Tucholsky vor einhundert Jahren. „Vor die größte Aufgabe, die wir zu bewältigen haben, stellt uns die Welt“, könnte man den Satz weiterführen. Der Mönchengladbacher Bernd Pastors hat das verstanden. Er ist sich der Besonderheit dieser Aufgabe und unserer gemeinsamen Verantwortung bewusst.

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