Mein Ehren-Lokführerschein

Fotos: PJD

Man sagt, dass in meiner 1955er-Generation Jungen davon träumten, Lokomotivführer zu werden. Hatte ich aber nicht – ich wollte im Jahrzehnt der Weltraum-Raketen-Mondlandung-Begeisterung Astronaut werden. Das klappte leider nicht.

Dennoch war ich fasziniert von den schwarzen, zischenden, tropfenden und  nach Kohlenrauch stinkenden Dampflokomotiven, welche zu den Zeiten meiner Kindheit die Gleise der Bundesbahn befuhren.

Eine Modelleisenbahn besaß ich natürlich auch.

Im Laufe der Jahre ergab es sich, dass ich das eine oder andere Eisenbahnmuseum besuchte und Gelegenheiten wahrnahm, mit Museumszügen unter Dampf mitzufahren.

Ich hatte auch erfahren, dass auf der einen oder anderen Museumsbahnstrecke – so bei der Brockenbahn im Harz – sogenannte „Ehrenlokführer-Lehrgänge“ stattfanden. Bei meinen Nachforschungen schreckten mich jedoch die Dauer, die Entfernung und auch der stattliche Preis ab.

Mittlerweile „in die Jahre“ gekommen, holte mich mein heimlich gehegtes Interesse zu meinem sechzigsten Geburtstag in Form eines Geschenkgutscheins wieder ein für ein „Ehrenlokführer-Wochenende“ auf der „Selfkantbahn“. Da sich viele an dem Geschenk beteiligt hatten, war die monetäre Belastung für den Einzelnen nicht so hoch – dieses Wochenende kostete nämlich knapp sechshundert Euro.

Das „Ehrenlokführer-Wochenende“ war  dennoch gut nachgefragt, so dass ich im Juli 2016 zu meinem Wunschtermin erwartungsvoll am Freitagnachmittag nach „Schierwaldenrath“ anreiste.

Mit mir waren sieben andere Lokführer-Aspiranten angereist. Wir wurden bei einem Begrüßungsgetränk im historischen Speisewagen der Selfkantbahn begrüßt. Man erläuterte uns den Ablauf des Wochenendes und gab uns Gelegenheit, uns vorzustellen und etwas über unsere Motive für die Teilnahme zu erzählen. Mit einem gemeinsamen Abendessen in einer benachbarten Gaststätte klang der Tag aus und erreichte seinen Höhepunkt mit der Aushändigung der persönlichen Lokomotivführermütze.

Man kann das Lokführer-Wochenende mit verschiedenen Varianten buchen, nämlich ohne Unterkunft oder Unterkünfte mit mehr oder weniger Komfort. Ich hatte einen Landgasthof gebucht und war mit dieser Unterkunft sehr zufrieden.

Der Samstag begann nach dem Frühstück mit einem gemeinsamen Anheizen „unserer Lok“ mit dem Namen „Schwarzach“ und diversen Wartungs- und Schmier-Tätigkeiten. Danach erfolgte eine Unterweisung in der Bremstechnik, welche für mich das Schwierigste war. Das Bremsen einer Lok bzw. eines Zuges hat nämlich nichts mit dem Bremsvorgang gemein, wie man das vom Auto oder Fahrrad kennt.

Nach einer gemeinsamen, von den Frauen des Vereins zubereiteten Mahlzeit in der Wagenhalle, ging es dann auf die 5,5 km lange Strecke zwischen Schierwaldenrath und Gillrath. Mit Unterweisung und Hilfe unseres Instruktors durfte jeder Teilnehmer eine Strecke zurücklegen. Das dauerte naturgemäß den ganzen Nachmittag und wurde durch eine gemeinsame Kaffeepause aufgelockert. Am Abend ging es dann wieder in die Unterkunft.

Am Sonntag war der „große Tag“. Wir durften planmäßig nach Fahrplan Passagiere mit einem kompletten Zug auf der Strecke fahren. Natürlich unter Aufsicht, mit hilfreichen Hinweisen, notfalls auch mit dem Eingreifen des Instruktors. Letzteres war bei mir nicht nötig; das darf ich voller Stolz erwähnen.

Bevor es  ernst wurde, durften wir gemeinsam mit den anwesenden Vereinsmitgliedern ein Frühstück zu unserer Stärkung in der Wagenhalle einnehmen.

Zur Unterstützung und natürlich zur Bewunderung hatte ich meine Familie und einige Freunde eingeladen, an diesem besonderen Tag auf der Selfkantbahn mitzufahren. Soweit ich hinterher hörte, hat es allen gefallen. Für mich war es ein besonderes Wochenende mit neuen Erfahrungen

Zum Abschluss des Tages wurde uns jeweils eine „Ehrenlokführer-Urkunde“ überreicht – eine schöne Erinnerung, weiter nichts. Sie berechtigt nämlich nicht zum Führen einer Dampflok, dafür waren die Tätigkeiten und Lerninhalte nur kurz angerissen worden.

Aber es war dennoch ein unvergessliches Wochenende.

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