Pflegenotstand und Pflegemängel – die Furcht vor dem Pflegeheim

Eine aktuelle Buchveröffentlichung des Neussers Werner Schell gibt Hilfestellung zum Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen.
Seit Jahren wird über die demografische Entwicklung und die damit verbundene Zunahme von Krankheiten (z.B. Demenz) und Pflegebedürftigkeit berichtet.

Offensichtlich haben viele (älter werdende) Menschen Angst, in Abhängigkeit zu geraten und letztlich in einem Pflegeheim versorgt zu werden.
Werner Schell, Vorstand von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk, befasst sich in ehrenamtlichem Engagement seit geraumer Zeit mit solchen Fragestellungen, informiert zum Thema und ist lebhaft bemüht, auf die politisch Verantwortlichen einzuwirken, damit die allseits geforderte gute Pflege Zuhause und in den Heimen gesichert werden kann.
Im Rhein-Kreis Neuss ist Schell u.a. in der Gesundheitskonferenz und im Arbeitskreis Demenz aktiv.
Mittlerweile sind die von Schell geplanten und geleiteten Pflegetreffs in Neuss-Erfttal bundesweit bekannt.
Zahlreiche hochkarätige Referenten, u.a. auch Bundestagsabgeordnete, konnten für die pflegekritischen Veranstaltungen gewonnen werden.
Bei den nächsten Treffs werden der Patientenbeauftragte der Bundesregierung und die Gesundheits- und Pflegeministerin des Landes NRW erwartet.

Nach Schell`s Meinung liegen die vielfach beschriebenen Pflegemängel im Kern in den völlig unzureichenden Pflege-Rahmenbedingungen begründet.
Es gebe, so Schell, seit Jahren einen Pflegenotstand, der sich durch die demografische Entwicklung drastisch verschärfen wird.
Daher gehören nicht Pflegekräfte auf die Anklagebank, sondern die Politiker, die es bisher nicht zustande gebracht haben, für angemessene Pflegebedingungen zu sorgen und darüber hinaus Trägerverantwortliche, denen es in Einzelfällen offensichtlich an der Befähigung fehlt, die notwendigen personellen und organisatorischen Entscheidungen zu treffen.
Daher hat Werner Schell, als Dozent für Pflegerecht Kenner der Szene, u.a. wiederholt dafür plädiert, die Prüftätigkeit in den Pflegeeinrichtungen (Pflege-TÜV) in andere Bahnen zu lenken und vor allem allein auf die Lebens- und Ergebnisqualität abzustellen.
Statt einer Ausweitung der Kontrollaktivitäten gehören nach Schell`s Meinung mehr Pflegekräfte an die Pflegebetten!

Werner Schell sieht die dringende Notwendigkeit, auf die politisch Verantwortlichen einzuwirken, das bundesdeutsche Pflegesystem grundlegend zu reformieren, vor allem an einigen entscheidenden Eckpunkten Veränderungen per Gesetz vorzugeben.

Aufgrund der gemachten Erfahrungen hat Werner Schell inzwischen ein Buch mit dem Titel „100 Fragen zum Umgang mit Mängeln in Pflegeeinrichtungen“ verfasst
(Kunz Verlag, Buchreihe der Schlüterschen, Hannover; ISBN 978-3-89993-767-1).
Es zeigt insbesondere für Pflegekräfte und Angehörige auf, wie sie juristisch korrekt und ohne persönliche Nachteile erfahren zu müssen, mit mängelbehafteten Pflegesituationen umgehen sollten.
Weil es um eine komplexe Materie geht, informiert das Buch über die Grundsätze des Patienten-, Pflege-, Haftungs- und Beschwerderechts.

Werner Schell: “ Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk bereitet im Übrigen als Interessenvertretung der pflegebedürftigen Menschen eine Stellungnahme zur überfälligen Pflegereform vor.“
Denn der Knackpunkt der wesentlichen Beanstandungen im Pflegebereich liegt in der völlig unzureichenden Stellendotierung.
Darauf macht die Interessenvertretung seit Jahren in aller Deutlichkeit aufmerksam.

Imagekampagnen für die Pflege sind nach Auffassung von Pro Pflege – Selbsthilfenetzwerk allein deshalb entbehrlich, weil Pflegekräfte in der Bevölkerung bereits hohes Ansehen genießen.
Die damit zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung und Anerkennung pflegerischer Arbeit muss endlich auch Niederschlag finden in einer deutlichen Verbesserung der Stellenschlüssel und sonstigen Arbeitsbedingungen, einschließlich höherer Vergütungen.

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1 Kommentar zu "Pflegenotstand und Pflegemängel – die Furcht vor dem Pflegeheim"

  1. Bernd Nagies | 27. März 2012 um 20:53 |

    Ich konnte leider nicht am WISI-Chat teilnehmen weil ich 5 Minuten zu spät dran war.
    Ganz kurz: Hier in Albstadt wird eine Senioreneinrichtung der Firma Compassio betrieben. Innerhalb von 2 Jahren sind 5 Rinrichtungsleiter und 5 Pflegedienstleitungen verschlissen worden. Die Pflege ist total überlastet, mit vielen Überstunden und totalem Druck durch den Träger kommen nicht unwesentliche Pflegefehler vor. Medikamente werden nicht, falsch oder zu Unzeiten verabreicht. Aktivierungen werden spontan übernommen. Beschwerden von Angehörigen, Betreuern, sogar vom Personal sind nachdem der Träger nicht reagierte an die Heimaufsicht ergangen. Aktuell wird die Vorsitzende des Heimbeirates erheblich unter Druck gesetzt. Der Zustand ist so ernst, dass dringende Hilferufe ergehen, aber keiner reagiert. Was ist zu tun? Ich denke dass die Heimaufsicht an diesen großen Träger nicht rangeht. Immerhin betreibt er 19 Häuser. Ich selbst bin dipl. Sozialwirt, habe eine Intensiv- und Hygieneausbildung war 25 Jahre PDL und 12 Jahre Heimleiter. Sollte man hier in aller Not zur Presse raten?

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