Museum Schloss Rheydt zeigt Fotozyklus von Nicole Blaffert und Franz Wamhof zum JHQ

Dokumentation einer Auflösung – vom 17. November bis zum 17. Februar 2013

Jahrzehntelang diente das Joint Headquarter (JHQ) in Rheindahlen als eine der zentralen Niederlassungen britischer Streitkräfte in Deutschland und der NATO in Europa.
Errichtet wurde es zwischen 1952 bis 1954 auf einem rund 460 Hektar großen Waldgebiet. Entstanden ist in kürzester Zeit ein Militärkomplex, der neben militärisch-strategischen Aufgaben auch den Zweck erfüllte, für rund 10.000 Menschen Unterkünfte und Versorgungsstrukturen für alle Bereiche des täglichen Lebens zur Verfügung zu stellen.

 

Auf dem Areal befinden sich insgesamt rund 2000 Gebäude, darunter 1400 Wohnungen, ein Wasserwerk, ein Einkaufszentrum, zahlreiche Sporteinrichtungen, Schulen, Kindergärten, Baracken, Werkstätten und mit dem „Big House“ mit seinen 2000 Büros das einstmals größte Bürogebäude Europas. Dazu kommen ein Heizkraftwerk, ein Wasserwerk und umfangreiche unterirdische technische Infrastruktur, die das JHQ zu einer fast völlig unabhängigen „Stadt in der Stadt“ machen.

Seit längerem vollzieht sich im JHQ ein Auflösungsprozess, der den veränderten politisch-militärischen Strukturen geschuldet ist. Über 600 Häuser im JHQ sind heute schon nicht mehr bewohnt und stehen leer; rund 60 Prozent der Bereiche stehen heute leer, und von den ehemals zu Spitzenzeiten etwa 10.000 Menschen, die im JHQ lebten und arbeiteten, sind heute nur noch 1.500 anwesend. Mit der offiziellen Übergabe des Geländes an den Bund am 13. Dezember 2013 findet der Auflösungsprozess seinen endgültigen Schlusspunkt.

Den Auflösungsprozess dokumentarisch in rund 70 Fotos festgehalten haben jetzt die beiden Fotografen Nicole Blaffert und Franz Wamhof, die für zwei Monate in dem nach wie vor streng abgeriegelten Areal leben und arbeiten durfen und somit auch Zugang zu zahlreichen „top secret“-Bereichen erhielten, die der Öffentlichkeit bislang verwehrt blieben. Etwa 50 Farbaufnahmen zeigt das Städtische Museum Schloss Rheydt ab kommenden Samstag, 17. November, bis zum 17. Februar 2013 in einer sehenswerten Ausstellung in der Vorburg unter dem Titel „JHQ: Die Auflösung – The Closure“.

In der dokumentarischen Fixierung dieses allmählich sichtbar werdenden Auflösungsprozesses halten Nicole Blaffert und Franz Wamhof auch die Ästhetik des Vergänglichen fest: leere Räume, aus denen die Möbel bereits abgezogen wurden, überwachsene Wege, auf denen sich die Natur ihren Lebensraum zurückholt sowie Einblicke in nicht mehr genutzten Räumen, in denen ehemals die Kommandostäbe der Militärs tagten. „Wir wollten den Abzug nicht nur beobachten, sondern auch begleiten und Teil davon werden“, betont Nicole Blaffert. Melancholisch-emotionale Momente prägen somit zahlreiche Fotos dieser Dokumentation, die auch in einem ausführlichen Katalog festgehalten wurde. „Bei den Fotos erhält der Betrachter das Gefühl, dass nichts so bleibt, wie es dargestellt wird und vorher auch nicht so war“, erläutert Museumsdirektor Dr. Karlheinz Wiegmann.

Begleitet wird die Ausstellung durch ein Schulprojekt der im JHQ ansässigen Windsor School und der Förderschule Rheydt. Auch hier haben Schülerinnen und Schüler ihr direktes Umfeld dokumentarisch mit der Kamera festgehalten. Während die 8. und 9. Klasse der Windsor School in 14 Fotografien Eindrücke festhielten, wie sie die Auflösung des JHQ erleben, ist die Förderschule  Rheydt der Frage nachgegangen, was sie vermissen würden, wenn die Schule schließen müsste?
Beliebte Motive waren hier Räume und Plätze, bei denen sie positive Erfahrungen und Erlebnisse während ihrer Schulzeit gesammelt hatten. Das Ergebnis ihrer Spurensuche ist spannend, fototechnisch von hoher Qualität.

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