Borussia

Der Mönchengladbacher Autor, Peter Josef Dickers; Foto: Günter Pfützenreuter

Es ist mir ein Bedürfnis, Borussia, ein paar Gedanken über dich zu äußern. Wenn ich „dich“ sage, dann meine ich nicht irgendeine Borussia, sondern „unsere“. „Wir“ sind die Borussia, nicht die allegorische Frauengestalt für das ehemalige deutsche Königreich „Preußen“, das uns die „Borussia“ beschert hat.

Gänsehaut gebe es gratis, versprichst du auf deiner Homepage denen, die sich auf dich einlassen. Mehr als fünfzigtausend Zuschauer können das bestätigen, wenn sie sich vierzehntägig in deiner Arena einfinden, von der ich nur einige Steinwürfe weit entfernt bin.

Alle wollen deine Ballkünste erleben und sich daran erfreuen. Du weißt, dass die Freude zeitweilig an Grenzen stößt. Auch du empfindest persönliche Unzufriedenheit, wenn man dich mit der Tabelle konfrontiert, die das Ergebnis deiner aktuellen Ballspiele registriert. Du willst es nicht, aber es kann geschehen, dass dich das ärgert und gegnerische Ball-Verantwortliche es zu spüren bzw. zu hören bekommen.

Nichts für ungut, Borussia. Die Emotionen kühlen sich wieder ab, sagst du mit Recht. Die Mitte der Tabelle kann zudem ein angenehmer Aufenthaltsort sein. Von dort aus hast du das Geschehen beidseitig im Blick. Wirtschaftlich gesehen mag das unbefriedigend für dich sein, weil dir so Millionenbeträge durch die Lappen gehen, die andere Mitstreiter kassieren oder als zusätzliches Taschengeld betrachten.

Der olympische Kernsatz vom „Dabei sein ist alles“ hat trotz des heutigen Geschäftsgebarens noch nicht allen Glanz verloren. Dem verordneten Leistungsdruck kannst du auf diese Weise elegant aus dem Weg gehen. Selbst das von dir beklagte Verletzungspech lässt sich damit minimieren, dessen Ursache einer deiner routinierten Spieler nicht nur auf das Rasenspiel zurückgeführt hat.

Als ehrenrührig wirst du es betrachten, wenn du demnächst nicht durch Europa tingeln kannst, um z. B. einem Verein in Sibirien rheinische Fußball-Leckereien vorzuführen. Nimm es nicht tragisch. Ich habe bei einem Besuch in Sibirien Fußballplätze gesehen, die sich nach deinem gelegentlich ruinierten Rasen sehnen würden. Auch an den Ballkünsten in der Taiga musst du dich nicht orientieren.

Wir mögen dich, Borussia, obwohl du nicht immer so spielst, wie andere spielen. Wir nehmen nicht sofort das denkbar Schlimmste an, wenn wir uns nach einem Spiel punktlos auf den Heimweg machen müssen. Denn das ist das Besondere an dir, wahre Größe zu zeigen gegenüber dem Standesdünkel von Mitbewerbern, die behaupten, zu den Großen zu zählen.

Welch anderer Trainer als deiner kann es sich leisten, „begeistert von deinem Fehlerspiel“ zu sein, wenn es einmal einer „wilden Achterbahn-fahrt“ ähnelt? So viel Charakter findest du nicht oft. Du musst keine Angst haben, anders zu denken und anders zu handeln als andere. Dein Anderssein flößt uns Respekt ein. Als Langweiler tun wir dich nicht ab. In Stumpfheit und Trostlosigkeit versinken wir garantiert nicht.

Für uns bist du immer noch gut genug. Daher bleiben wir bis auf Weiteres Borussia.

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