Brief ans Christkind und den Weihnachtsmann

Hoffentlich kommt der Brief noch bei euch an. Ich habe gehört, dass ihr jetzt viel unterwegs seid, weil ihr Geschenke besorgen müsst.
Habt ihr überhaupt noch Zeit, euch um die Briefe zu kümmern, die man euch schreibt?
Meinen müsst ihr auf jeden Fall lesen. Er ist sehr wichtig. Mama darf nicht erfahren, dass ich euch schreibe. Es geht nämlich um sie.

Im vorigen Jahr war ich sehr enttäuscht von euch. Ich hatte mir das neue Handy gewünscht, und zwar das gleiche, das meine Freundin Anja hat. Da ihr euch wahrscheinlich auskennt, habe ich nicht erwähnt, was man damit alles machen kann. Es sollte nur das gleiche sein wie das von Anja. Dann wusstet ihr Bescheid, und ich musste nicht die Gebrauchsanleitung erklären. Vielleicht versteht ihr die auch nicht oder habt keine Zeit, euch damit zu beschäftigen.

Meine Mama kannte das Handy auch. Ich konnte mich darauf verlassen, dass sie das richtige Handy bestellte.
Alle Kinder in unserer Klasse haben ein Handy. Das von meiner Freundin ist das beste. Weil sie meine Freundin ist, hatte ich ihr anvertraut, dass ich demnächst auch so ein Handy wie sie haben würde. Richtig begeistert schien sie nicht zu sein, weil sie immer etwas Besonderes sein will. Was sie hat, das soll kein anderer haben. Bei mir würde sie wahrscheinlich eine Ausnahme machen, weil ich ihre beste Freundin bin.
Papa war natürlich gegen das Handy. Als er zur Schule ging, habe es kein Handy gegeben. Vermisst habe er es deswegen nicht. Logisch. Wenn es kein Handy gab, konnte er keines vermissen. Mit Papa kann man nicht reden. Deswegen schreibe ich euch. Papa muss das nicht wissen.

Vor der Bescherung war ich ziemlich aufgeregt. Nichts haben sich Mama und Papa anmerken lassen, ob das mit dem Handy klappen würde. Diese Geheimnistuerei fand ich ätzend. Ich bin doch kein Kind mehr.
Anja wollte ich sofort nach der Bescherung eine SMS mit dem neuen Handy schicken. Papa sagte, das habe Zeit bis zum anderen Morgen. Nach der Bescherung werde zuerst gesungen. Danach würden wir Oma anrufen, die an Heiligabend immer Geburtstag hat. Konnte Oma nicht warten, bis ich Anja die SMS geschickt hatte? Oma wäre doch nicht inzwischen gestorben.

Endlich war Bescherung. Ich konnte es kaum erwarten. Mama guckte etwas komisch zu mir herüber. Papa schien sich überhaupt nicht dafür zu interessieren, als ich mein Handy auspackte. Typisch. Und dann fiel mir nichts mehr ein.
Vor Wut hätte ich heulen mögen. Das Handy, das ihr mir unter den Tannenbaum gelegt habt, war nicht das, welches ich bestellt hatte. So eines hatte ich noch nie gesehen. Konnte man damit überhaupt simsen?

Wütend verließ ich das Zimmer und verkroch mich ins Bett. Weihnachten war für mich gestorben. Mama sagte mir irgendwann, ich hätte kein Handy bestellt, sondern mir eins gewünscht. Ihr würdet keine Bestellungen, sondern Wünsche annehmen. Versteht ihr die Wortklauberei? Ich nicht.

Dieses Jahr wünsche ich mir das richtige Handy. Solltet ihr es nicht mehr schaffen, hätte ich gerne ein Pony. Ihr wisst, dass ich Tiere sehr mag. Ein Pferd ist zu groß für mich, aber ein Pony wäre das Richtige. Bei Mama werde ich es nicht bestellen. Bei Papa schon gar nicht. Ich schreibe es euch persönlich. Überlegt euch, ob ihr mir meinen Wunsch noch erfüllen könnt. Ich verlass mich auf euch.

Eure Christa

Mir fällt noch etwas ein: Wenn ihr das Pony in der kurzen Zeit nicht beschaffen könnt, reicht es auch bis zu meinem Geburtstag Anfang Februar.

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